Podiumsgespräch Regio-S-Bahn Herzstück

  • Am 02.12.08 findet ein durch die Gruppe Bahnhof organisiertes Podium statt.

    Thema: Regio-S-Bahn unter dem Marktplatz

    Ort: Grossratssaal Rathaus Basel, Marktplatz

    Datum/Zeit 02.12.2008 18:30 - ca. 19:30 anschliessend Apero.

    Teilnehmer:
    Dr. Ralph Lewin, Regierungsrat Kanton Basel-Stadt
    Jörg Krähenbühl, Regierungsrat Kanton Basel-Land
    Dr. Hans-Peter Wessels, Wirtschaftsförderer beider Basel (designierter Regierungsrat Basel-Stadt)

    Moderation: Dani von Wattenwil (TeleBasel)

  • Am Donnerstag erschien der Artikel zum Podium in der BaZ:

    Das Herzstück als Standortfaktor
    S-BAHN-AUSBAU DURCH BASELS ZENTRUM IST WICHTIG FÜR KONKURRENZFÄHIGKEIT DER REGION

    Die Gruppe Bahnhof lud zum Podium über die Frage «Regio-S-Bahn unter dem Marktplatz?» Mit zwei Regierungsräten und einem künftigen Mitglied der Exekutive war es prominent besetzt.
    Seit vielen Jahren engagiert sich die Gruppe Bahnhof, eine überparteiliche Arbeits- und Interessengruppe, für die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs (ÖV) im Raum Basel. Am Dienstagabend fand ihre Mitgliederversammlung erstmals im Grossratssaal des Basler Rathauses statt. Der öffentliche Teil bestand aus einem Podium zur Frage «Regio-S-Bahn unter dem Marktplatz?», das mit Ralph Lewin (SP), Regierungsrat Basel-Stadt, Jörg Krähenbühl (SVP), Regierungsrat des Kantons Baselland und Hans-Peter Wessels (SP), Wirtschaftsförderer beider Basler und künftiger Basler Regierungsrat prominent besetzt war.
    POSITIVE BILANZ. Ralph Lewin zog eine positive Bilanz der Regio-S-Bahn und verwies darauf, dass die Anzahl der jährlichen Fahrten von 135 Millionen 1997 auf 195 Millionen 2007 zugenommen habe. Das reiche aber nicht: «Die S-Bahn muss sich weiterentwickeln», betonte der Regierungsrat. Ein wichtiges Mittel hierfür ist das sogenannte Herzstück Regio-S-Bahn: eine unterirdische Verbindung zwischen Bahnhof SBB und Badischem Bahnhof, mit Haltestellen am Marktplatz und an der Clarastras se (siehe Karte). Der Basler Regierungsrat hatte sich im Oktober 2007 für diese Variante Mitte entschieden, die voraussichtlich 1,4 Milliarden Franken kosten wird. Als mögliche Ergänzung wird darin die Verbindung vom Marktplatz Richtung Bahnhof St. Johann genannt; der Nordbogen, die Erschliessung von Basel Nord durch eine S-Bahn-Linie, wird offen gelassen.
    POTENZIAL VON 50 000. Lewin verteidigte in der Diskussion die Entscheidung für die Variante Mitte und zumindest vorerst gegen den Nordbogen mit Nachdruck und plädierte dafür, das Zentrum der Stadt durch die S-Bahn zu erschliessen. Er rechnet dort mit einem Potenzial von täglich 50 000 Benutzern, Zahlen, die bei der Bedienung der grossen Arbeitsplatzzentren nicht zu erreichen seien. Selbst, wenn es an einem Ort 8000 Arbeitsplätze gibt, reiche dies nicht aus, um den ganzen Tag eine S-Bahn zu füllen. Ausserdem verwies er darauf, dass der Novartis Campus durch den Bahnhof St. Johann schon heute gut angebunden sei. Er liegt an der grünen S-Bahn-Linie ins Elsass.
    Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass der Ausbau der Regio-S-Bahn ein wichtiger Standortfaktor für Basel sei – der Vergleich mit dem gut ausgebauten ÖV-System von Zürich fi el mehr als einmal. «Es ist die Frage, welchen Anspruch wir haben? Wollen wir eine Kleinstadt mit 180 000 Einwohnern sein oder das Zentrum von einer Million Einwohnern? », fragte Hans-Peter Wessels, Wirtschaftsförderer beider Basel. Für den künftigen Basler Regierungsrat, in dessen Zuständigkeitsbereich auch der ÖV fallen wird, war klar: «Die S-Bahn ist ein wichtiges Mittel, um unsere Konkurrenzfähigkeit zu stärken.» Bei Jörg Krähenbühl klang es ganz ähnlich: «Wenn die Mobilität gut ist, haben wir auch die Chance, den Wirtschaftsraum zu entwickeln und das ist dann auch gut für das Baselbiet.»
    Laut Ralph Lewin ist derzeit in der Verwaltung ein Ratschlag zur Finanzierung der Vorstudien in Arbeit, der bald in die beiden Parlamente gehen soll. Dabei handelt es sich allerdings noch nicht um die Projektierung, die fast einen dreistelligen Millionenbetrag kosten soll. Für die Finanzierung gehen die Initiatoren im Rahmen des Infrastrukturfonds von substanziellen Beiträgen des Bundes aus. Fertig sein könnte das Herzstück in 20 bis 25 Jahren.
    © Basler Zeitung 04.12.2008 / PETER SCHENK

  • Dieses Thema finde ich absolut mühsam. Warum? Weil die Idee des Herzstücks und die der Zürcher Durchmesserlinie ungefähr im gleichen Zeitraum aufs politische Parkett gekommen sind. Die Zürcher bauen bereits, und die Basler haben noch nicht einmal ein Projekt, noch nicht einmal Vorstudien, ja noch nicht einmal die verdammte Finanzierung der Vorstudien - wie schwach ist das denn? Tut mir leid, aber Lewin als Geschäftsführer hat hier absolut versagt. Und soll mir niemand sagen, die Situation sei mit fünf Kantonen und drei Ländern kompliziert, das Geschäft ist schlichtwegs jahrelang von einer Schublade in die nächste gesteckt worden, ohne dass es wirklich in die Hände genommen worden wäre. Vom neuen Regierungsrat erwarte ich jetzt eindeutig eine Besserung (nicht dass das schwer wäre).

  • Also konkret war da eigentlich nichts neues (seit der Zweckmässigkeitsstudie), abgesehen davon, dass der Y-Ast als 2. Etappe weiterverfolgt wird, was ich gut finde. Der Nordbogen (St-Louis – Weil) wird als 3. Etappe offen gelassen. Dies bedeutet ein etappenweiser Ausbau und ermöglicht später trotzdem eine Verbindung in nördliche Gebiete (Frankreich/EuroAirport) sowie eine Entlastung der Elsässerbahn zugunsten des TGV-Verkehrs. Allerdings wurde zu Beginn eine Grafik aufgezeigt, die die Situation der S-Bahnlinien (Liniennetz) mit der Y-Variante darstellte, und da war deutlich zu sehen, dass dies auf Kosten der Verbindung Richtung Deutschland, und daher der Bedienung der Haltestelle Clarastrasse ging (man kann ja nicht alles haben…). Auf zusätzlichen Haltestellen wie Morgartenring, Breite/Solitude usw. wurde nicht eingegangen. Ich könnte mir auch eine Haltestelle unter den Unispitälern auf dem Y-Ast vorstellen.

    Eine Aussage, die den Nagel auf den Kopf traf, war, dass wir nichts pharaonisches planen, sondern lediglich dasselbe wie die anderen, einfach mit 20 Jahre Verspätung. :D Allerdings könnte man sich über diese Aussage auch streiten: Zürich ist grösser und hat andere Masse. Ich denke, dort muss man mit dem ÖV der Raumplanung und dem Wirtschaftswachstum nachrennen, hier baut man den ÖV aus in Aussicht auf eine Ansiedelung von Unternehmen, was ich auch als klug erachte (selbst wenn durch ein dichtes S-Bahn-Netz das Wohnen auf dem Land wieder attraktiver wäre, aber auch nur entlang der S-Bahnlinien… Das ist wieder das andere Thema). Und in Genf baut man den CEVA, welcher seit einem Jahrhundert gebaut werden sollte, ebenfalls um den massiven Verkehrsproblemen entgegenzustreben. Aber auch hier haben wir Verkehrsprobleme, jedenfalls werden wir solche ja laut Prognose um 2020 erst recht haben. Daher kommt das Herzstück dennoch etwas zu spät. ;) Und der Aussage von TRJS kann ich zustimmen; es geht einfach zu langsam. Aber das Problem der Grenzen darf man trotzdem nicht unterschätzen.

  • Wer die heutige Baz liest und gleichzeitig mitverfolgt, was in der Stadtentwicklung in Basel Nord abgeht, kann beim besten Willen nicht verstehen, warum die Regierung die Variante "Herzstück" favorisiert und nicht die Variante "Nordbogen"

  • Ich denke, die Zahlen sprechen für sich:

    Zitat

    Original von Stefan
    POTENZIAL VON 50 000. Lewin verteidigte in der Diskussion die Entscheidung für die Variante Mitte und zumindest vorerst gegen den Nordbogen mit Nachdruck und plädierte dafür, das Zentrum der Stadt durch die S-Bahn zu erschliessen. Er rechnet dort mit einem Potenzial von täglich 50 000 Benutzern, Zahlen, die bei der Bedienung der grossen Arbeitsplatzzentren nicht zu erreichen seien. Selbst, wenn es an einem Ort 8000 Arbeitsplätze gibt, reiche dies nicht aus, um den ganzen Tag eine S-Bahn zu füllen. Ausserdem verwies er darauf, dass der Novartis Campus durch den Bahnhof St. Johann schon heute gut angebunden sei. Er liegt an der grünen S-Bahn-Linie ins Elsass.


    In der Innerstadt hat es einfach noch mehr Potential als beim Novartis Campus. Scheint mir auch logisch, daher finde ich es richtig, dass die Variante Mitte favorisiert wurde. Der Nordbogen hat man ja als 3. Etappe offen gelassen. Vom Tisch ist aber die Verbindung St. Johann – Wiesenplatz – Badischer Bahnhof der Variante Nord, denn diese fiel bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung der Zweckmässigkeitsprüfung durch. Wer letztere liest, dem wird klar, dass die Nachteile dieser Variante überwiegend sind.

  • ohne mich jetzt mit diesem Projekt auseinandergesetzt zu haben, finde ich eine Untertunnelung der Innenstadt einfach unnötig.

    So gross ist Basel jetzt auch nicht, dass mir eine S-Bahn durch die Stadt bräuchten.

    Auch so wie heute ist man schnell vom Marktplatz am Bahnhof SBB, am Badischen Bahnhof und beim Campus.

    Das wäre jetzt Geld das man Sparen könnte.
    Es gäbe nur eine Konkurrenz fürs Tram.

  • Eigentlich gibt es sogar zwei potenziell sehr dynamische Entwicklungsschwerpunkte: Basel Nord und der EuroAirport - mit der Variante Mitte werden beide im wahrsten Sinne des Wortes links liegen gelassen. Wer sich die Entwicklung in von S- oder U-Bahnen neu erschlossenen Gebieten ansieht, muss der Variante Nord schon etwas nachweinen. Bloss: zwei Gründe sprechen für die Variante Mitte/später Y: Das wirklich enorm hohe Fahrgastpotenzial, und meiner Ansicht nach insbesondere die wesentlich geringeren Kosten für die erste Etappe. Diese Kosten scheinen mir noch knapp vertretbar zu sein, auch wenn sie bis hart an die Grenze des psychologisch zumutbaren gehen.

    Ich frage mich aber dennoch, woher das Geld stammen soll - schon Zürich hat mit seinem Projekt alle möglichen Quellen bis aufs äusserste und darüber hinaus ausgereizt, da bleibt vorerst sowieso nichts mehr für Megaprojekte in anderen Regionen übrig. Ausserdem hat Bern mit seinen Tiefbahnhof-Plänen zu Basel einen signifikanten Vorsprung. Ich befürchte, dass Basel mit dem Herzstück ein ähnliches Fiasko erleiden könnte wie mit dem Wisenbergtunnel: Alle anderen sind früher dran, haben das bessere Lobbying und erbringen z.T. mit Vorfinanzierungen den Tatbeweis, dass sie ihre Projekte wirklich wollen. Und für Basel, welches in allen drei Punkten durchwegs ungenügend ist, wird das Geld dann nicht mehr reichen...

    Einmal editiert, zuletzt von TRJS (6. Dezember 2008 um 12:05)

  • Heute wäre es sicher unnötig (oder nur "nice to have"), in 20 Jahren werden die Verkehrsprobleme aber weiter fortgeschritten sein, und das Herzstück Variante Mitte ist dann die kostengünstigste und effizienteste Lösung, diese zu lösen. Da solche Projekte bis zur Verwirklichung lange brauchen, muss man halt eben weitsichtig denken. Geldverschwendung wären (nicht rentierende) Wunschprojekte wie U-Bahnen oder Tieftrams.

    Die S-Bahn darf man nicht gegen das Tram ausspielen, wie Tram gegen (Trolley-) Bus. Das sind 2 verschiedene Systeme; das erste dient zur raschen Grobverteilung über weitere Strecken, das zweite zur Feinverteilung im städtischen Gebiet, und ist langsamer. Hier in Basel ist der Bahnhof relativ dezentral platziert; die Fahrzeit zu Fuss und mit dem Tram von der S-Bahn bis ins Stadtzentrum kann noch locker eine zusätzliche Viertelstunde dauern, im Gegensatz zu 2 zusätzlichen Fahrminuten mit dem Herzstück. Diese Situation scheint, verglichen mit anderen Städten, beinahe inakzeptabel, besonders für in der Stadt arbeitende Autobesitzer.

    Ein weiterer Grund, der Variante Nord nicht nachzutrauern, wäre die Fahrzeit zwischen den beiden Hauptbahnhöfen, die länger wäre als heute. Und bevor man diese "dynamischen Entwicklungsschwerpunkte" erschliesst, ist es wichtig, eine gute Erschliessung des Zentrums (das mehr Potential hat) zu haben. Deswegen werden auch der Y-Ast und der Nordbogen als weitere Etappen weiterverfolgt. Wer noch seine Zweifel hat, soll sich doch klug machen: http://www.herzstueck-basel.ch/

  • Ich bin zufälligerweise auf diesen zwar etwas alten, aber interessanten und zusammenfassenden Artikel gestossen:


    http://www.nzz.ch/nachrichten/sc…n_1.799451.html