In den Stosszeiten sind die Trams und Busse derzeit oft unpünktlich. Autos und Laub sind die Ursachen.
«Information der Züri-Linie: Infolge schlechter Verkehrsverhältnisse
verkehren die Fahrzeuge einzelner Tram- und Buslinien in unregelmässigen
Zeitabständen. Wir bedauern die entstehenden Wartezeiten und bitten um
Verständnis.» Das kriegen VBZ-Passagiere zurzeit häufiger zu hören und
beginnen wohl zu rechnen, wie gross die Verspätung wohl diesmal
ausfallen wird. Fünf Minuten? Zehn? Rendezvous verpasst? Lebensglück,
adieu? Man fragt sich auch wie etwa gestern Morgen, was denn «schlechte
Verkehrsverhältnisse» sind, wenn es weder regnet noch schneit, noch
stürmt und wegen der Windstille auch kein Laub auf den Schienen liegt.
Wieso kommt das Tram nicht?
«Wir werden überall blockiert»
«Überall, wo wir blockiert werden können, werden wir blockiert.»
So erklärt Andreas Uhl, Sprecher der Verkehrsbetriebe Zürich, die aktuell
schlechten Verkehrsverhältnisse. Autos in Kolonne stehen auf Kreuzungen,
sie stehen als Linksabbieger auf Tramgleisen, oder sie stehen zusammen
mit Trams und Bussen im gleichen Stau, wenn sie dieselbe Fahrbahn
benützen. Weinbergstrasse oder Meierhofplatz sind zum Beispiel Strecken,
wo das Tram den Autos nachfährt und die Autos dem Tram.
Die VBZ können das Phänomen nicht restlos erklären, aber sie stellen jedes Jahr nach
den Herbstferien ein deutlich gesteigertes und harzigeres
Verkehrsaufkommen auf der Strasse fest, dem sie ausgeliefert sind.
Erklärung? Die Dunkelheit hemmt den Verkehrsfluss, Schnee ohnehin, und
alle Leute sind wieder da, niemand in den Ferien, und Fuss- und
Veloverkehr sind auch nicht mehr so angenehm.
«Schlechte Verkehrsverhältnisse» drohen in den Stosszeiten morgens und abends und
bis Weihnachten», sagt Uhl. Danach habe es erfahrungsgemäss wieder
weniger Autos auf der Strasse – und mitten auf der Kreuzung.
Doppeltes Leiden am Berg
Von den «schlechten Verkehrsverhältnissen» gilt es die «schlechten
Strassenverhältnisse» zu unterscheiden, die ebenfalls von der Leitstelle
über Lautsprecher bekannt gegeben werden. Ihre Ursache sind nicht
Autos, sondern Laub und Schnee, weshalb davon vor allem die Busse und
die Trams auf den Bergstrecken betroffen sind. Mit dem 5er- oder
6er-Tram im Laubsturm die Gloria-strasse hochzufahren, ist für Maschine
und Passagier eine der grössten Qualen in der Zürcher Tramwelt.
Was tun die VBZ bei der Diagnose «schlechte Verkehrsverhältnisse»?
Zusätzliche Busse kommen in den Einsatz, und stark verspätete Busse
werden vorzeitig gewendet, um dem Fahrplan wieder eine Chance zu geben.
Mehr Eigentrassees wären die beste Prophylaxe, doch dafür fehlt meist
der Platz oder das Geld. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von
knapp 16 km/h sind die Trams heute auch bei normalen
Verkehrsverhältnissen langsamer unterwegs als noch vor 10 bis 15 Jahren,
und die Tendenz ist sinkend. Der «Blick am Abend» gab den Zürcher Trams
gar den Spottnamen «Schneckenpost», da es die Berner im Schnitt auf 17
km/h und die Basler auf 16,3 km/h bringen.
Tages-Anzeiger 01.11.2013