Baselbieter Sparpaket: Finanzstrategie 2016-2019 (u.a. U-Abo-Subvention und Senkung ÖV-Angebot)

  • Sabine Pegoraros Angriff aufs U-Abo

    Ein Baselbieter Sparvorschlag sieht vor, den Preis des Abonnements im Alleingang um bis zu 50 Prozent zu erhöhen.
    Der Tarifverbund und die Regierung hüllen sich in Schweigen
    .

    Ihren Sparvorschlag, um die Kantonsfinanzen ins Lot zu bringen, hat Bau- und Umweltschutzdirektorin Sabine Pegoraro noch nicht einmal ausgebreitet,
    schon schlägt ihr ein eisiger Wind entgegen: «Bieridee», schimpft der Begründer des Umweltschutz-­Abonnements Paul Messmer.
    Und der grüne Landrat Klaus Kirchmayr erklärt ihr den Krieg: «Wird so etwas angenommen, starten wir sofort eine Initiative.»
    Mit ihnen dürfte es 77?000 U-Abo-Besitzern die Zornesröte ins Gesicht treiben.

    Geht es nämlich nach der Bau- und Umweltschutzdirektorin, soll der Subventionszuschlag in der Höhe von 25 Franken pro Abo und Monat
    gestrichen und dem «Endkunden» aufgebrummt werden.
    Junioren, die heute 50 Franken für ein U-Abo bezahlen, hätten einen 50-Prozent-Preisaufschlag in Kauf zu nehmen und zahlten neu 75 Franken.
    Erwachsene, die heute im Baselbiet wohnen und 76 Franken zahlen, müssten monatlich 101 Franken aufwerfen,
    was immer noch einem Preisaufschlag von 33 Prozent entspricht.

    Die Brutto-Ersparnis des Kanton Baselland liegen bei über 22 Millionen Franken.
    Weil man aber mit Abo-Ab­bestellungen rechnet, geht man laut gut unterrichteter Quelle
    von einem Netto- Sparpotenzial zwischen 15 und 20 Millionen Franken aus.

    Tarifverbundgedanke aufgelöst

    Damit nimmt die Regierungsrätin in Kauf, ein preisliches Ungleichgewicht zu schaffen zwischen den Baselbieter Trambenützern
    und den Baslern beziehungsweise Solothurnern und Aargauer Partnern.
    «Technisch ist das möglich», weiss der frühere BLT-Chef Paul Messmer.
    Allerdings stelle sich die Frage, wie mit übertragbaren Abonnements verfahren werde, die nun auf einmal lukrativer würden.
    Die Schlussfolgerung des preisgekrönten U-Abo-Gründers lautet, dass damit Pegoraro einen Eckpfeiler des Tarifverbund-Gedankens herauszubrechen gedenkt.
    «Und das ist eine Bieridee, die ich sofort bekämpfen würde und auch gleich die 77?000-U-Abo-Adressen dagegen nutzen würde», droht Messmer.

    Ohnehin wird das Vorhaben der Regierungsrätin in Fachkreisen von «unausgegoren» bis zu «im Vornherein zum Scheitern verurteilt» bezeichnet.
    Bereits die Regierung im Kanton Aargau ist im Rahmen ihrer Sparbemühungen – sie wollte den Subventionsbeitrag am TNW der Fricktaler kürzen –
    im Parlament grandios gescheitert. Würde nun der Kanton Baselland ausscheren, müsste dies auch im Aargau wieder thematisiert werden,
    sagt Jürg Bitterli, Leiter Angebotsplanung des öffentlichen Verkehrs im Aargau.

    BaZ-Quellen bestätigen indessen, dass die Tarifverbund-Partner beziehungsweise der TNW-Vorstand über das Sparvorhaben informiert worden sind.
    Man habe den Vorschlag zur Kenntnis, aber keine Stellung nehmen können. So hält man sich bedeckt, bis Pegoraro ihre Sparpläne offiziell macht.

    Die BVB reagieren so: «Wir haben Kenntnis davon, dass die Baselbieter Regierung ein umfassendes Sparpaket beschlossen hat.
    Dieses soll am 8. Juli 2015 bekannt gegeben werden. Wir kommentieren vorher keine möglicherweise im Sparpaket enthaltenen Massnahmen.»

    Ähnlich tönt es bei der Basler Regierung und bei der BLT: «Das ist eine politische Angelegenheit, ich will mich zu dieser Frage im Moment nicht äussern»,
    erklärt BLT-Direktor Andreas Büttiker.

    Die Baudirektorin selber, die von der BaZ um eine Stellungnahme gebeten wurde, will sich bis zur angekündigten Medienkonferenz am Mittwoch in Schweigen hüllen.

    Überraschung bei Partnern

    Nicht durchgedrungen ist Pegoraros Subventionskürzungsantrag bis zum Abteilungsleiter Öffentlicher Verkehr im Kanton Solothurn, Ludwig Dünbier.
    Dieser gibt sich überrascht. «Sollte der Endkunde im Baselbiet mehr zahlen müssen als bei uns, wird der Verbundgedanke unter anderen Prämissen geführt.
    Eine Diskussion über eine veränderte Beteiligung müssten wir dann führen», sagt er.
    Dabei macht er aber keinen Hehl daraus, dass die Aufhebung des Subventionszuschlags auch aus Sicht des Kantons Solothurn durchaus diskutiert werden dürfe.
    Man habe diesen «alten Zopf» schon beim Tarifverbund A-Welle (von Wettingen bis Oensingen) abgeschnitten.
    Allerdings fand dort keine Überwälzung an den ÖV-Benützer statt. Vielmehr mussten die öffentliche Hand generell als Linien- und Leistungsbesteller tiefer in die Tasche greifen.
    Laut Dünbier habe das zu einem marginalen Spareffekt von einer viertel bis einer halben Million Franken geführt.

    Vom Baselbieter Sparvorschlag Wind bekommen hat auch Landrat Klaus Kirchmayr: «Dieser Vorschlag wäre nicht nur inakzeptabel, er ist vielmehr unüberlegt und dumm.
    Wir würden ihn mit allen Mitteln und bis zuletzt bekämpfen», sagt er.

    Weitreichende Konsequenzen

    Würde er angenommen, hätte dies weitreichendere Konsequenzen als nur das Einsparen eines zweistelligen Millionenbetrags:
    «Die Einführung eines Zonierungsmodells wäre die wahrscheinliche Folge, etwas, was der Landrat vor zwei Jahren einstimmig abgelehnt hat»,
    prognostiziert er und warnt davor, dass dann der Spareffekt wegen der Ertragsausfälle und Folgekosten bis auf einen kleinen Betrag verpufft:
    «30 Jahre harte Arbeit und Investition in ein Modell, um das wir weltweit beneidet werden, würde die Regierung leichtfertig zerstören.»

    Dass ein solcher Vorschlag ausgerechnet aus der TNW-Kernzone, beziehungsweise den Stammlanden Baselland mit seinem ausgedehnten Schienen- und Busliniennetz kommt,
    verwundert die CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter doch sehr. Betroffen von einem solchen Aufschlag seien vor allem auch Familien:
    «Ich werte dies als Angriff auf die Familie, und es ist eine Bankrotterklärung an die regionale Zusammenarbeit, wenn das einheitliche Tarifsystem aufgebrochen wird»,
    kommentiert Schneider-Schneiter.
    Ein solcher Vorschlag sei umso unverständlicher, weil die Baselbieter noch vor wenigen Wochen mit einem fulminanten Mehr der Regio-Kooperationsinitiative aus der FDP-Küche zugestimmt hätten.
    «Das Umweltschutzabonnement ist eines der ersten grossen Kooperationsprojekte.» Ausgerechnet das werde angetastet, kritisiert die Nationalrätin.

    baz 04.07.2015

  • Die Gegner machen auch mobil.
    Zudem ist das nur Gedankenspielerei vom Sabinchen.
    ... und die Dame kann eben nicht sehr weiter als bis zur eigenen Nasenspitze denken.
    Hauptsache für sie ist wohl, dass sie im Gespräch bleibt, egal wie...

  • Wenn dass das letzte Wort ist muss man aus meiner Sicht das U-Abo in verschiedene Zonen aufteilen. Warum soll ich für etwas mehr bezahlen, was ich nicht benötige. Ich fahre meistens nur zwischen Bottmingen und Basel. Somit würde meinerseits die Zone 1 (Basel und Vororte) genügen.

  • Vorbemerkung: Ich habe die bisherigen Beiträge zur beabsichtigten Streichung der U-Abo-Subventionen durch die Baselbieter Regierung hierher verschoben, da auch noch weitere "Sparmassnahmen" im Bereich ÖV umgesetzt werden sollen.

    - Aufhebung U-Abo-Subventionen ist, gemäss der mir vorliegenden Massnahmenliste, offensichtlich in der Kompetenz des TNW. Ich kenne die Strukturen des TNW nicht, aber aus dieser Ausssage entnehme ich, dass eine solche Streichung nur für alle TNW-Kantone gleichzeitig beschlossen werden kann. Oder anders gesagt: In der TNW-Vereinbarung ist wohl nicht vorgesehen, dass die Kantone unterschiedliche TNW-Preise festlegen. Wie gesagt: Dies sind Schlussfolgerungen aus der Aufstellung und der dortigen Angaben.
    - Im ÖV-Bereich sticht noch folgender Punkt in der Massnahmenliste hervor: "Senkung des Angebots an wenig wirtschaftlichen ÖV-Linien". Ab 2017 sollen hier CHF 0.9 Mio eingespart werden. Somit geht die schon einmal geführte Diskussion zu "unrentablen Bus-/Bahnlinien" (z.B. Läufelfingerli ??) wieder los.
    - Die Reduktion von Abgeltungen durch Synergiegewinne WB-BLT soll bereits ab 2016 jährlich CHF 0.3 Mio. ein Einsparungen bringen (Wegfall Lohn Direktor??)

    2 Mal editiert, zuletzt von 4106 (8. Juli 2015 um 11:16)

  • Gerade in einer Zeit wie jetzt, wo der ÖV des öftern Probleme hat, und an Attraktivität verliert, kommt diese Ankündigung sehr ungelegen.
    Frau Pegoraro möchte wohl, dass einige wieder aufs Auto umsteigen.

    Hoffen wir, dass das ein BL Furz bleibt und BS nicht nachzieht.

  • Frau Pegoraro möchte wohl, dass einige wieder aufs Auto umsteigen.


    Hier ihr Argument aus der Medienkonferenz:

    Pegoraro verteidigt die Idee der Aufhebung bei den U-Abo-Subventionen: Der Umsteigeeffekt auf den öV sei bereits erreicht worden. Ausserdem wird nirgendwo sonst in der Schweiz ein Verbundsabo direkt subventioniert. Ist es heutzutage gerechtfertigt, eine Subvention nach dem Giesskannenprinzip zu verteilen, fragt Pegoraro rhetorisch. Sie wolle lieber jene unterstützen, die ein günstigeres Abo wirklich nötig haben.

    Quelle: Live-Ticker bz

  • habe ich gelesen.

    Vorallem der Punkt mit dem Umsteigeeffekt finde ich toll.
    Kann sich ja nicht wieder umkehren, dieser Effekt...

  • Es bestätigt sich der Eindruck, BL ist ein miserabel geführtes Staatswesen. Die Regierung ist unfähig. Tatsache ist offenbar, dass man jahrelang über die Verhältnisse gelebt hat. Steueren runter für die Reichen, überbordender Strassenbau - dafür hatte man immer Geld, Gysin und Buser sei dank. Aber nun?

    Der Umsteigeeffekt ist sicher nicht unumkehrbar. Aber was ist mit den Menschen, die wenig Geld haben? Müssen die jetzt laufen?

  • Ich sage nur ZONEN-AUFTEILUNG. Für Personen, die in Allschwil, Bottmingen, Binningen, Muttenz, Münchenstein, Basel und Riehen wohnen genügt die Zone 10, die günstiger sein sollte als für alle Zonen.

  • Ich sage nur ZONEN-AUFTEILUNG. Für Personen, die in Allschwil, Bottmingen, Binningen, Muttenz, Münchenstein, Basel und Riehen wohnen genügt die Zone 10, die günstiger sein sollte als für alle Zonen.


    Ist eine Variante, die ja auch schon diskutiert wurde. Aber diese Änderung können nur alle TNW-Partner (und möglicherweise im Hintergrund die Kantone) gemeinsam beschliessen und umsetzen.

    Der Ansatz: "Keine Subventionen im Giesskannen-Prinzip!" kann ich ein stückweit nachvollziehen und sogar unterstützen. Hier aber ein Modell zu finden, dass allen Anspruchsberechtigten gerecht wird (Grundfrage: Wer ist Subventions-Anspruchsberechtigter und wie berechnet sich dieser?) dürfte nicht einfach zu realisieren sein. Und alles, was kompliziert errechnet werden muss, bietet wieder Möglichkeiten für Umgehungen und schafft schlussendlich doch wieder Ungerechtigkeiten. Hierzu gibt es genügend Beispiele (z.B. Krankenkassenverbilligung). Andererseits ist das U-Abo effektiv ein absolutes Erfolgsmodell und lebt in seiner Grundidee durch die Solidarität aller Nutzerinnen und Nutzer. Man darf sicherlich Anpassungen hinterfragen und diskutieren; aber diese müssten keine einseitigen Vorteilsverschiebungen mit sich bringen.

  • In Basel fahre ich aber fast nur Velo. Nur für Basel alleine brauche ich kein ÖV-Abo. Und wenn es für das ganze Gebiet massiv teurer wird, dann werde ich wohl gar kein U-Abo mehr haben. Und ich bin garantiert nicht der einzige Stadtbasler, der so denkt. So hat BL am Ende nur noch mehr Kosten, da gesamthaft wohl viel weniger Personen noch ein U-Abo haben werden.

    "it so much easier to destroy than to create"

  • nein, da bist Du nicht der Einzige.
    Bei eindem solchen Aufschlag kaufe auch ich keines mehr.

  • überrascht mich ein wenig, dass sie mit einer solchen Schnapsidee kurz vor den Wahlen kommt...

  • Wer meint ein U-Abo nur für die Stadt Basel resp. die Zonen 10/11 werde (erheblich) günstiger als das heutige Abo, der irrt. Ein Abo nur für die Stadt Bern oder Luzern kostet nämlich gleich viel wie heute ein U-Abo für den ganzen TNW...

  • Gesetzt dem Fall, dass die Subventionen komplett weg gehen...wird das sicher der Fall sein.

  • Aber was macht der Stadtbasler, der ins Umland muss? Der kann ja nichts für diese Kürzung. Und es kann ja nicht angehen, die anderen Teilnehmer für das Unvermögen der BL büssen zu lassen.

    Für eine Zonierung ist das Gebiet ja recht klein, bzw. dann müssten einzelne Zonen billiger werden (ausser für die Bewohner von BL natürlich).