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Das langsame Sterben der NachtzügeImmer weniger Destinationen sind per Nachtzug erreichbar. Nun kommt auch die Verbindung Basel–Kopenhagen unter die Räder.
Die Szene spielte sich vor wenigen Tagen im Hauptbahnhof von Amsterdam ab. Eine Schweizer Reisegruppe stieg am Abend in den City Night Line Pegasus, um über Nacht nach Basel beziehungsweise Zürich zu reisen. Nur: Es fehlten ausgerechnet die Schlafwagen mit den reservierten Abteilen. Die Kunden mussten mit Plätzen im Liegewagen vorlieb nehmen.
Für Edwin Dutler, Vorstandsmitglied der Kundenorganisation Pro Bahn Schweiz, stellt diese Episode keinen Einzelfall dar. Sie sei symptomatisch für die Entwicklung bei den Nachtzügen der City Night Line (CNL), einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn (DB), die alle Nachtzüge aus der Schweiz in Richtung Norden und Gegenrichtung managt. «Der Service wird konstant abgebaut – es ist ein Trauerspiel», so Dutler. Immer wieder fehlten Wagen, manchmal kämen sie ungereinigt zum Einsatz.
In dieses Bild passt auch der Verzicht auf die Speisewagen, in denen die Gäste gerne vor dem Schlaf zumindest einen Schlummertrunk zu sich nahmen. Seit dem 1. Mai verkehren sie nicht mehr. In den CNL-Nachtzügen von Zürich und Basel nach Berlin, Hamburg, Kopenhagen, Amsterdam und Prag wird Speis und Trank nur noch reduziert angeboten. Als Grund für die Massnahme machten die DB die hohen Kosten geltend, die eine Revision der älteren Speisewagen zur Folge gehabt hätte.
Nicht nur der Service wird abgebaut, sondern auch immer weniger Destinationen sind per Nachtzug überhaupt erreichbar. Die SBB haben sich schon vor Jahren aus diesem Geschäft zurückgezogen; die Nachtzüge nach Italien (Rom) wurden im Dezember 2009 eingestellt. Im Dezember 2012 verkehrte der letzte Nachtzug von Zürich nach Barcelona. Ein Jahr später sah man in Basel letztmals einen Wagen der russischen Bahn, als Appendix des Nachtzugs nach Kopenhagen. Der nächtliche Kurswagen Basel–Moskau ist seither Geschichte.
Unter die Räder kommt nun auch die Verbindung nach Kopenhagen. Der CNL «Aurora» von Basel in die dänische Hauptstadt wird zum Fahrplanwechsel im Dezember 2014 eingestellt, wie die Dänische Staatsbahn (DSB) vor Kurzem mitteilte. Grund: Die Verbindung rentiert im Winter sowieso nicht und kann im Sommer 2015 wegen umfangreicher Gleisarbeiten auf der Insel Fünen gar nicht verkehren. Da hat man kurzen Prozess gemacht. «DB und DSB haben die Zahlen analysiert, und wir müssen erkennen, dass die Linie nicht wirtschaftlich ist», erklärt DSB-Vertriebsleiter Christian Linnelyst in der dänischen Medienmitteilung. In dem Nachtzug nach Kopenhagen wurden Wagen von Basel, Prag und Amsterdam gebündelt.
Konkurrenz durch Billigflieger
Die mangelnde Wirtschaftlichkeit ist natürlich das Hauptproblem für die anhaltende Krise der Nachtzüge. Die Kosten sind hoch, das Rollmaterial überaltert und revisionsbedürftig. Da ist eine Abwärtsspirale vorprogrammiert. Daher wird bereits gemunkelt, die Deutsche Bahn wolle die Nachtzugsparte CNL ganz aufgeben. Diese These wird von der DB entschieden zurückgewiesen. Man werde sich auf wenigere, aber rentablere Linien beschränken. Was das für die verbliebenen CNL von und nach Zürich bedeutet, ist noch nicht klar.
Unbestreitbar ist laut DB die harte Konkurrenz durch Billigflieger. Fluggesellschaften bieten zusehends frühe Verbindungen an, um etwa schon am frühen Morgen in Amsterdam oder Berlin zu sein. Moderne Hochgeschwindigkeitszüge – etwa in Frankreich – haben den Nachtverbindungen ins westliche Nachbarland den Garaus gemacht.
Noch recht stabil ist bisher die Nachtzugsituation in Richtung Osten. Die Österreichischen Bundesbahnen unterhalten drei Verbindungen zwischen Zürich und Wien/Graz/Villach. Ein Kurswagen verkehrt gar bis Budapest. Zudem gibt es noch einen (sehr preiswerten) Schlafwagen von Zürich nach Zagreb mitsamt Weiterfahrt nach Belgrad. Die umsteigefreie Fahrt dauert allerdings geschlagene 21 Stunden.
Quelle: BaZ, 09.07.2014
Aus meiner Sicht hat sich die Bahn hier selbst in eine Abwärtsspirale hineingeritten. Servieabbau, fehlende Vermarktung und Pflege des Angebots lassen grüssen. Innovation ist weit und breit keine in Sicht. Schade.