BVB - Folgekosten des Netzbetrieb

  • Die Spuren der Schienenfresser

    Die Folgeschäden der Combinos werden die Basler Rechnung noch jahrelang belasten. Die Regierung überschreitet die vom Grossen Rat bewilligten Kredite.

    Seit wenigen Tagen kurvt das erste dunkelgrüne Flexity-Tram durch Basel.
    Es läutet die Zukunft des Tramverkehrs ein. Doch die Vergangenheit fährt mit. Die modernen Fahrzeuge holpern über beschädigte Schienen.
    Verursacht werden die Schäden hauptsächlich vom zweitneusten Tramtyp, dem Combino.
    Dass die 28 Tramzüge von Siemens ein technisches Problem darstellen, ist seit dem Grounding im Jahr 2004 offenkundig.
    Bei der Vergangenheitsbewältigung wurde eine Frage aber stets verdrängt: die Frage nach den Folgekosten am Gleisbau.
    Wenn Siemens auch die Trams auf eigene Rechnung umbaute, an der Beseitigung der Gleisschäden beteiligt sich die Firma nicht.

    Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats stellte bereits 2005 fest,
    dass die Regierung und die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) in der Aufarbeitung des Debakels der Gleisabnützung kaum Beachtung schenken würden.
    Immerhin werde nun aber anerkannt, dass das Problem überhaupt bestehe, hiess es damals.
    Regierung und BVB versuchen nun auch zehn Jahre nach dem Combino-Grounding, die Folgekosten zu verstecken.
    Die Regierung hat diese inzwischen zwar berechnet. Doch aktiv kommunizieren will sie diese nicht.

    An der Sitzung von dieser Woche beschloss sie, 45 Millionen Franken mehr als geplant auf die Investitionsliste der Jahre 2014 bis 2016 zu setzen.
    Damit sollen die schlimmsten Gleisschäden geflickt werden. Der Betrieb wäre sonst «gefährdet», begründet die Regierung.

    Allein für das laufende Jahr überschreitet die Regierung damit das vom Grossen Rat bewilligte Budget um sieben Millionen Franken.
    Nur dank buchhalterischer Tricks muss nicht noch ein höherer Betrag ausgewiesen werden.
    Denn gemäss Finanzhaushaltsgesetz darf die Regierung die bewilligten Plafonds schon regulär um 130 Prozent überziehen.
    Diesen Spielraum strapaziert sie im öffentlichen Verkehr bis aufs Äusserste.

    Die Regierung verbirgt zudem einen Teil der Kosten. So schreibt sie in ihrem Beschluss, dass die Mehrkosten insgesamt nur 38 Millionen Franken betragen würden.
    Von den 45 Millionen für die Gleissanierung zieht sie sieben Millionen ab, die sie in einem Bereich spart, der nichts mit den Schienen zu tun hat.
    Verrechnet werden Einsparungen bei der Sanierung von Abwasserleitungen.

    Selbst die geschönte Rechnung kommuniziert die Regierung nur diskret. Statt wie auch für nur halbwichtige Geschäfte üblich, darüber in den regierungsrätlichen Mitteilungen zu berichten,
    hat sie ihren Entscheid lediglich auf die weitgehend unbeachtete Liste sämtlicher Regierungsbeschlüsse gestellt.

    Eine andere Kommunikationsstrategie wählt BVB-Medienchef Stephan Appenzeller. Auf Anfrage hält er fest, dass die Kosten noch gar nicht feststünden.
    Die Planung des Bauprogramms für das Jahr 2015 inklusive Kosten befinde sich kurz vor dem Abschluss und werde erst Ende Januar bekannt gemacht, sagt er.
    Darüber, dass die Regierung die Investitionen diese Woche abgesegnet hat, verliert er kein Wort.

    Im Argumentarium der BVB wird zudem vermieden, einen Zusammenhang zwischen den 28 zirkulierenden Combinos und den Gleisschäden herzustellen.
    Die Gründe sehen die BVB lieber in ferner Vergangenheit. So seien in den 1980er- und 1990er-Jahre zu wenige Gleise ersetzt worden.
    Sobald diese Rückstände aber behoben seien, würde das «Niveau des Erhaltungsbedarfs wieder auf ein Normalmass» zurückgehen.
    Dabei ist der Zusammenhang mit den Combinos offenkundig. Damit die Trams durchgehend niederflurig sind, wurde bei den Combinos auf Drehgestelle verzichtet.
    Die Fahrwerke sind stattdessen fest mit den Wagenkästen verbunden. Bei jeder Kurvenfahrt wirken deshalb enorme Kräfte von den starren Kästen über die Räder auf die Schienen.

    Die neuen Flexity-Trams bringen zwar ebenfalls viele Tonnen pro Achse auf die Schiene, doch die Verschleisskräfte sollen durch die elastische Aufhängung der Fahrgestelle minimiert werden.
    Die BVB gehen deshalb davon aus, dass sich «das Lauf- und Verschleissverhalten des Flexity im Rahmen anderer moderner Niederflurtrams bewegen wird».
    Doch sicher sei dies nicht. Appenzeller sagt: «Es ist zum heutigen Zeitpunkt aufgrund der Erfahrungswerte von weniger als 5000 Kilometern Laufleistung mit zwei Flexity-Fahrzeugen nicht möglich,
    verbindliche und erhärtete Aussagen zum Verschleissverhalten der gesamten Flexity-Flotte zu machen.»
    Erst wenn alle 61 Flexitys längere Zeit durch Basel gekurvt sind, wird sich also zeigen, ob das Budget für den Gleisunterhalt erneut überschritten werden muss.
    Zur Freude der Passagiere und zum Leidwesen der Gleise werden die Combinos allerdings auch dann noch verkehren.

    Schweiz am Sonntag 22.11.2014


  • Zur Freude der Passagiere und zum Leidwesen der Gleise werden die Combinos allerdings auch dann noch verkehren.

    Wer bitte freut sich wenn er Bino fahren muss ???
    Das der Bino ein Schienenmörder ist war mir bei der ersten Fahrt in einem Bino klar, so ein Fahrverhalten muss die Schienen töten.
    Das müsste jedem klar sein, der von Technik auch nur ein bisschen Ahnung hat.
    Es scheint aber fast so das der Bino in Basel eine heilige Kuh ist...
    Und wehe wenn sich noch einer bei mir Beschwert wenn ich wieder mal Bino Fasching mache. 8o

  • Die Spuren der Schienenfresser

    Im Argumentarium der BVB wird zudem vermieden, einen Zusammenhang zwischen den 28 zirkulierenden Combinos und den Gleisschäden herzustellen.
    Die Gründe sehen die BVB lieber in ferner Vergangenheit. So seien in den 1980er- und 1990er-Jahre zu wenige Gleise ersetzt worden.
    Sobald diese Rückstände aber behoben seien, würde das «Niveau des Erhaltungsbedarfs wieder auf ein Normalmass» zurückgehen.
    Dabei ist der Zusammenhang mit den Combinos offenkundig. Damit die Trams durchgehend niederflurig sind, wurde bei den Combinos auf Drehgestelle verzichtet.
    Die Fahrwerke sind stattdessen fest mit den Wagenkästen verbunden. Bei jeder Kurvenfahrt wirken deshalb enorme Kräfte von den starren Kästen über die Räder auf die Schienen.


    Schweiz am Sonntag 22.11.2014

    Wer's glaubt soll doch an einem sanierten Streckenabschnitt, welcher möglichst nur von Combinos befahren wird (vorzugsweise im Kurvenbereich), regelmässig Profilmessungen durchführen.... - noch Fragen ????

    P.S. Sand auf die Schienen und nicht in die Augen streuen!

    Gruss
    Christian

  • Erst wenn alle 61 Flexitys längere Zeit durch Basel gekurvt sind, wird sich also zeigen, ob das Budget für den Gleisunterhalt erneut überschritten werden muss.

    Das Verschleissverhalten der Combinos ist hauptsächlich bedingt durch die Multigelenkbauweise. Diese findet man bekanntlich auch bei den Flexity Basel wieder, entsprechend wird sich das garantiert auf die Schieneninfrastruktur auswirken, bessere Fahrgestellaufhängung hin oder her. Herr Appenzeller sagt es ja eigentlich schon selbst: Die BVB hoffen, dass sich "das Lauf- und Verschleissverhalten des Flexity im Rahmen anderer moderner Niederflurtrams bewegen wird". Nur haben moderne Niederflurtrams - mit wenigen Ausnahmen - im Vergleich zu Drehgestellfahrzeugen (letztere sollen bei den BVB ja massenweise ersetzt werden) miserable Verschleisswerte...

  • Bin kein Ingenieur, aber ich könnte mir vorstellen, dass die kleineren Schwebemodule des Flexity weniger Druck ausüben.

  • Aber immer noch mehr als Dehgestellfahrzeuge :huh:

    Der Flexy ist sicher besser als der Bino, aber trotzdem schlechter als die alten Fahrzeuge mit Drehgestellen (oder Tango)...

    Man kann eben nicht beides haben, 100% Niederfuhr hat ihren Preis...

  • Aber immer noch mehr als Dehgestellfahrzeuge :huh:

    Der Flexy ist sicher besser als der Bino, aber trotzdem schlechter als die alten Fahrzeuge mit Drehgestellen (oder Tango)...

    Man kann eben nicht beides haben, 100% Niederfuhr hat ihren Preis...


    Der Tango hat seine "Schienenfresser" unter den beiden Gelenkwägelchen. Auch diese drehfest angeordneten Achsen laufen mit den Spurkränzen härter an als ein Drehgestell.

    Ein Ingenieur der Düsseldorfer Rheinbahn, der auf einer "Strassenbahnreise" mit dabei war, vertrat die Meinung, zunächst tue es den Rädern weh und dann den Schienen. Also müsste man den Bandagen- und Spurkranzverschleiss in die Betrachtung einbeziehen.

    Gleisschäden auf einer Länge von 60 km wurden von der BVB bis vor etwa zwei Jahren auf das in den 90er Jahren durchgeführte Aufschweissen von
    Bändern auf die Schienenköpfe zurückgeführt, die in kleien Stücke zerbrachen. (Auch das konnte man nicht vorhersehen) Warum taucht das in dem Artikel nicht auf?

    Die Zeitung am Sonntag ist sicher keine Fachzeitschrift für die Technik im öV, so wie z.B die Zeitschrift "Verkehr und Technik".

    Dass es Gleise hat, die schon viel zu lange liegen und nicht nur vom Combino abgeraspelt wurden, sieht man in Riehen, wo jetzt so scheint es dauerhaft drei Langsamfahrstellen eingerichtet werden mussten. Es hiess mal, 2013 werde hier saniert.