BVB: Unternehmen lässt Vorwürfe abklären

  • Nachdem der Direktor der Basler Verkehrsbetriebe (BVB) wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen fristlos entlassen wurde, äussert sich nun der Verwaltungsrat.

    «Eine solche Krise habe ich noch nie erlebt», sagte Paul Blumenthal, der designierte Verwaltungsratspräsident der Basler Verkehrsbetriebe (BVB), gestern vor den Medien. Stunden zuvor hatte das Aufsichtsgremium der BVB seinen Direktor Jürg Baumgartner fristlos entlassen.

    Am Vorabend teilte das Unternehmen noch mit, dass Baumgartner «aus freien Stücken» gekündigt habe, aber noch bis Ende Januar bleiben würde. Grund waren die Verstösse gegen kantonale Gesetze, welche die Finanzkontrolle in ihrem Bericht festgehalten hatte. Da wurde der Verwaltungsrat bereits von der «Basler Zeitung» mit Vorwürfen konfrontiert, wonach Baumgartner Angestellte mit anstössigen MMS und Textnachrichten sexuell belästigt hat. Auf den Bildern posierte er halbnackt und die Textnachrichten seien eindeutig zweideutig gewesen. «Dafür gibt es keine Worte», sagt Blumenthal. Damit war Baumgartners Schicksal besiegelt. Am Donnerstagmorgen beschloss der Verwaltungsrat die fristlose Entlassung Baumgartners.

    Übergangschef gefunden

    Interimistisch übernimmt nun der Infrastrukturchef ­Michael Bont die Geschäftsführung, bis eine Nachfolge gefunden ist. Er hätte aufgrund seiner Betriebserfahrung gute Karten, wenn er sich für den Posten interessieren würde. «Wir wären blöde, würden wir einen Internen nicht berücksichtigen», so Blumenthal. Bont müsse aber, wie alle anderen auch das ordentliche Bewerbungsprozedere durchlaufen. Mit der Suche von Kandidaten will man sich aber noch ein wenig Zeit lassen. Bont wird die interimistische Unternehmensführung voraussichtlich bis zu einem Jahr innehaben. Dabei wird er von externen Fachleuten unterstützt werden.

    Politisches Schlachtfeld

    Der Reputations-Gau der BVB wird bereits politisch ausgeschlachtet. Die SVP forderte gestern die Demission von Blumenthal und wirft Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels vor, sich eingemischt zu haben. «Geschmacklos» taxiert dieser die Anschuldigungen. Er habe nie Einfluss genommen. Wessels hatte im August der Finanzkontrolle den Auftrag erteilt ordnungswidrige Vorgänge bei den BVB zu untersuchen. Infolge des Berichts, der Rechtsverstösse und Kompetenzüberschreitungen feststellte, demissionierte Anfang dieser Woche Verwaltungsratspräsident Martin Gudenrath. Mittlerweile beschäftigt sich auch die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats mit den BVB.

    Quelle: 20 Minuten

  • Eine fristlose Kündigung bedingt natürlich, dass im Abgangszeugnis nicht mehr stehen kann: (Im gegenseitigen Einvernehmen)
    Da wird Herr Baumgartner einen Dolggen im Reinheft bekommen, was ihm bei Antritt eines neuen Posten einiges verbaut.

    Hier verewige ich noch, als Andenken, meinen passenden Spruch der Woche: In Basel wird, wer andere mobbt sogleich aus dem System gefloppt ...

  • Die Missstände bei den BVB sind unfassbar. Dass hier im Forum die Nutzer mit BVB-Hintergrund nichts dazu schreiben können resp. wollen spricht auch Bände. ..

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  • Dass Nutzer, welche einen BVB Hintergrund haben, hier nichts schreiben wollen (oder können) kann ich ganz gut nach vollziehen.

    1) haben Internas und solche Sachen in einem Forum nichts zu suchen,
    2) ist es immer gefählich, online über seine Firma zu reden, speziell negative Themen.

  • der Blick schreibt sogar schon von Bilder, auf deren Baumgartners Geschlechtsteile zu sehen war, und dass er Frauen zum mehr aufgefordert hat, als dass ein Chef dies tun darf.

    glaube der findet keinen Job mehr.

  • Ich finde es nicht hilfreich, dass sich die Mitarbeitenden noch immer nicht getrauen, Klartext zu sprechen. Mit der Wahl ihres Vertreters in den VR haben sie ja schon ein recht deutliches Zeichen gesetzt. Doch ist ein Delegierter im VR allein auf sich selbst gestellt, wenn niemand - auch die Gewerkschaften nicht - sich offensiv für die Mitarbeitenden wehren. Auch eine Belegschaft, die die Unterdrückung und den stetig wachsenden Stress (ausser am Stammtisch) still duldet, ist ein Teil des Problems. Wieviel Burn-Outs braucht es denn eigentlich noch, bis sich jemand öffentlich wehrt?!

    Nun ist es nötig - zusammen mit einer neuen Führung und einem neuen VR - wieder eine Unternehmenskultur ohne Angst und Runterschlucken, ohne Unterdrückung und Mobbing, aufzubauen. Dazu gehört auf den Tisch, was bisher schlecht war - und von Gudenrath & Co. schlecht gemacht wurde. Dies kann im ersten Moment eine Lawine lostreten, aber auch echte Lawinen werden oft bewusst ausgelöst, um grösseren Schaden zu vermeiden.

  • Wie sich die BVB-Chefs Schritt für Schritt ins Abseits manövrierten
    Eigentliche wollte der designierte BVB-Präsident Paul Blumenthal CEO
    Jürg Baumgartner schon am Mittwochabend fristlos feuern. Sie taten es
    dann nicht, sondern erst am Donnerstagnachmittag.
    Das Zaudern passt ins Bild.

    Hier die Chronik des Versagens.

    12.12.2013 14 Uhr:
    Der designierte
    Verwaltungsratpräsident Paul Blumenthal und der amtierende Vizepräsident
    Paul Rüst teilen die fristlose Entlassung von BVB-CEO Jürg Baumgartner mit.

    12.12. Vormittag: Der VR beschliesst, Baumgartner per sofort zu entlassen und informiert ihn umgehend. Er streitet die Anschuldigungen nicht ab.

    11.12. 19.40 Uhr: Die BVB teilen den - freiwilligen -
    Rücktritt Baumgartners mit. Warum sie dies trotz Kenntnis der Vorwürfe
    und Bilder taten, bleibt offen.

    11.12. 19 Uhr: Blumenthal und Rüst berufen eine
    ausserordentliche Verwaltungsratsitzung ein, um die fristlose Entlassung (!) des CEO zu beschliessen.

    11.12. 18.30 Uhr: Blumenthal wird zum wiederholten
    Mal von einem Journalisten der «Basler Zeitung» angerufen, der «die
    Anschuldigungen in einer erhöhten Dramatik» wiederholt. Wenig später
    bekommt Blumenthal die besagten Bilder vorgelegt.

    11.12. Später Nachmittag: Baumgartner kündigt per Ende Januar 2014. Sollten weitere Verstösse publik werden, wird der Vertrag per sofort aufgelöst.

    11.12. Früher Nachmittag: Blumenthal wird von der
    «Basler Zeitung» erstmals mit den Anschuldigungen gegen Baumgartner
    wegen sexueller Belästigung konfrontiert. Er verlangt die Bilder als
    Beweis. Der Journalist lehnt ab.

    11.12. Vormittag: Baumgartner denkt an Kündigung und teilt dies Blumenthal mit. Die gewünschte Abgangsentschädigung wird ihm nicht gewährt.

    10.12.: Der bisherige Verwaltungsrat Paul Blumenthal
    wird neuer VR-Präsident. Direktor Jürg Baumgartner wird das Vertrauen ausgesprochen.

    9.12.: Aufgrund des Berichts der Finanzkontrolle
    tritt VR-Präsident Martin Gudenrath per Ende 2013 zurück. Von acht
    Verwaltungsratmitgliedern werden 2014 deren Fünf ausgewechselt.

    20.11.: Der Grosse Rat überweist die Forderung nach der Fusion von BVB und BLT an die Regierung.

    September 2013: Politiker beider Basel fordern die
    Regierungen auf, das «Affentheater» zwischen BLT und BVB wegen des
    Betriebs der künftigen Linie durch den Margarethenstich zu beenden.
    Gudenrath und Baumgartner entschuldigen sich für Anzeigen-Debakel,
    mangelhafte Kommunikation und beim unzufriedenen Personal. Betreffend
    Verstösse hätten sie sich jedoch nichts vorzuwerfen; Rücktritt ist kein Thema.

    August 2013: Die Finanzkontrolle wird beauftragt, zu
    prüfen, ob Verwaltungsrat und Direktion gegen Regeln betreffend Spesen
    und Anstellungen verstossen haben. Proteste des Personals: Radio-Verbot wird aufgehoben.

    Mai 2013: Der Streit um den Margarethenstich entfacht: Die Führungen von BVB und BLT streiten darum, wer das 17er-Tram betreiben soll.

    Mai 2013: Informationsschwäche: Die BVB stellen per September zusätzlich einen neuen Kommunikationschef ein.

    März 2013: Gudenrath und Baumgartner gestehen Fehler
    zur Anzeigen-Misere ein. Es wird vier Millionen Franken teurer.
    Der VR zieht keine personellen Konsequenzen in der Direktion. Die SVP stellt erstmals Gudenrath infrage.

    März 2013: Gudenrath rät Amtskollege André Dosé, von den BVB Flexity-Trams zu mieten, statt selber Trams zu kaufen.

    Februar 2013: Baumgartner verbietet Chauffeuren das
    Radiohören. Und: Die Anzeigen funktionieren noch immer nicht richtig.
    Die Regierung greift ein.

    September 2012: Anzeigen-Misere: Das veraltete Leitsystem wird erneuert.

    Oktober 2011: Die BVB kaufen 60 Flexity-Trams für 220 Millionen Franken.

    Juni 2011: Baumgartner beim Amtsantritt: «Wir wollen
    nicht nur Champions League spielen, wie der FCB, sondern diese
    gewinnen. Basel verdient das beste öV-System der Welt.»

    Frühling 2010: Uneinig: BVB steigen aus gemeinsamer Trambeschaffung mit der BLT aus. Die BVB entscheiden sich gegen das Tango-Tram.

    bz 13.12.2013

    PS: Der Prüfbericht soll nun demnächst veröffentlicht werden

  • Nach der fristlosen Entlassung von BVB-Direktor Jürg Baumgartner und dem
    Rücktritt von Martin Gudenrath schafft der Verkehrsdirektor Hans-Peter
    Wessels Transparenz.Die Krise bei den Basler Verkehrsbetrieben ist noch nicht
    ausgestanden. Nun vollzieht der Basler Verkehrsdirektor Hans-Peter
    Wessels eine Kehrtwende: Der Bericht der Finanzkontrolle, den die
    Ereignisse ins Rollen brachte, soll nun doch veröffentlicht werden.
    Entsprechende Gerüchte bestätigt der Mediensprecher des Bau- und
    Verkehrsdepartementes Marc Keller auf Anfrage.

    Noch gestern sagte Wessels gegenüber der bz: «Leider ist die
    gesetzliche Situation in Basel so, dass Berichte der Finanzkontrolle
    vertraulich sind und nicht veröffentlicht werden dürfen.»
    bz 13.12.2013

  • Hier der Link zur heutigen Medienmitteilung: http://www.bvb.ch/docs/werbeflae…f?Status=Master

    Das tönt ja alles sehr beflissen und nett, hält sich aber strikt an die Feststellungen der FiKo. Ok, vielleicht ein guter Anfang, um zumindest die finanzrechtlichen Konsequenzen und Regresse zu regeln.

    Die Medienmitteilung (mit Link zum FiKo-Bericht) ist hier zu finden: http://www.bs.ch/news/2013-12-13-mm-58102.html .

    Zu beachten ist beim FiKo-Bericht, dass er nur und ausschliesslich Themen behandelt, die mit finanziellen Regelungen und/oder Verfehlungen zu tun haben. Zudem wertet der Bericht nur moderat, und nur in ganz krassen Fällen, wenn z.B. ein Direktionsfahrzeug im Wert von rund 108'000 CHF ohne VR-Beschluss bestellt wurde, obwohl es gemäss der Regelungen gar keine persönlich genutzte Dienstfahrzeuge gibt. Empfehlung (E 11): "Auch bei der Fahrzeugbeschaffung ist mit öffentlichen Geldern sparsam umzugehen."

    Von den moralischen Seiten der Affäre und von den verrohten Sitten innerhalb einer abgehobenen Geschäftleitung ist nur zwischen den Zeilen die Rede. Nachdem die BVB in einer ersten VR-Legislatur auf einem guten Weg in die Selbständigkeit schienen, hat eine Gruppe von Abzockern die erfolgreiche Verselbständigung der BVB in weniger als vier Jahren in Misskredit gebracht. Der Kanton täte gut daran, auch diese Seiten des Skandals zu durchleuchten, am besten durch eine für dieses Thema eingesetzte PUK. Dabei wären die Rollen aller an den Missständend beteiligten Personen zu durchleuchten, insbesondere auch die Rollen der verbleibenden GL- und VR-Mitglieder. Denn an der Gesinnung ändert sich nichts, wenn man ertappt wird und lediglich die zu Unrecht bezogene Spesen zurückzahlt.

    Die gegenwärtige Krise ist aber keineswegs (nur) ein finanzielles Problem. Vielmehr geht es um das Arbeitsklima, den Umgang zwischen Kadern und Mitarbeitenden und um verbindliche, für alle gültigen Regelungen im Betrieb. Diese Themen dürfen nun nicht mehr unter den Teppich gekehrt und durch eine GL eigenmächtig "geregelt" und den VR "durchgewunken" werden.

  • @Dome dass sich BVB-Forumuser hier zurück halten verstehe ich sehr gut aber es sagt halt auch etwas aus.

    Zur Krise: ich befürchte dass nur die Spitze des Eisbergs bekannt ist. Es besteht eine grosse Gefahr dass ähnlich wenn auch weniger schlimm weitergemacht wird. Eigentlich bedingt dies einen Wechsel ALLER Führungskräfte auf den oberen Ebenen. Dabei würde aber wohl zuviel Knowhow verloren gehen. Bleibt nur noch eine kommissarische vVrwaltung der BVB durch die BLT oder sogar die unfreundliche Übernahme der BVB durch die BLT. So weit haben es Gudenrath, Baumgartner und Co. kommen lassen...

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  • «Sehr viele Leute bei den BVB hatten Angst vor dem obersten Chef» sagt
    Urs Hanselmann, ehemaliger BVB-Chef. Er prophezeit Finanzprobleme bei
    den BVB und kann sich eine Fusion mit der BLT vorstellen.

    Er fuhr selbst Tram, bevor er BVB-Direktor wurde, und prägte das Unternehmen jahrelang:
    Urs Hanselmann, Vorgänger
    des vorgestern wegen sexueller Belästigung fristlos entlassenen Jürg Baumgartner.
    Was derzeit in seinem alten Betrieb passiert, beschäftigt Hanselmann stark.

    «Es war ein Trauerspiel», sagt er, «aber nicht erst in den letzten drei Tagen.»

    Zwar ist Hanselmann seit 2011 nicht mehr für die BVB tätig.
    «Ich war nicht mittendrin, aber ich habe schon was mitbekommen», meint er.

    Zwei Dinge haben ihn besonders gestört: «Erstens das interne Klima.
    Es war eine eigentliche Schreckensherrschaft», weiss er.
    Sehr viele Leute hätten Angst vor dem obersten Chef gehabt.

    80 neue Stellen in kurzer Zeit

    Und zweitens: «Der Umgang mit dem Geld.» Seit er sein Amt abgegeben
    habe - also vor rund zweieinhalb Jahren - seien in der Verwaltung der
    BVB etwa 80 neue Stellen aufgebaut worden. «Das ist viel zu viel für
    eine Firma in der Grössenordnung der BVB. Es wurde Geld verprasst», sagt
    der Betriebsökonom.
    Er selber habe immer auf Effizienz und Kostenbewusstsein geachtet.
    Wegen der Politik des neuen Managements ist Hanselmann aber überzeugt:
    «Die BVB werden bald finanzielle Probleme haben.»

    Dass bei seiner Übergabe an Jürg Baumgartner etwas schiefgelaufen
    ist, glaubt Hanselmann nicht. «Wir haben diese Phase seriös
    vorbereitet», erinnert er sich. Allerdings: «Es war dann schnell so,
    dass man sich für gewisse Dinge nicht mehr interessiert hat.»

    Gleiche Ziele für Stadt und Land

    Sorgen macht sich Hanselmann auch über das Image und die Kooperation
    in der Basler Agglomeration. «Es ist jetzt wichtig, dass Basel-Stadt und
    Baselland gemeinsam festlegen, welche Ziele sie mit dem öffentlichen
    Nahverkehr erreichen wollen.» Erst dann könne festgelegt werden, wie die
    beiden Unternehmungen aufgestellt sein sollen und - im Hinblick auf
    eine Fusion - «allenfalls näher zusammengeführt werden können.»

    Vorerst müsse aber Ruhe in den Betrieb kommen. «Es braucht einen
    neuen Führungsstil und ein internes Kostenbewusstsein», sagt der
    ehemalige operative Chef der BVB. Und Hanselmann stellt klar: «Es
    braucht eine Person, die nicht nur kurzfristig glänzen, sondern
    langfristig seriös arbeiten will.»

    Urs Hanselmann wird die Erholung der BVB weiter gespannt verfolgen.
    Ob beim Basler Traditionsunternehmen nach der Veröffentlichung des
    Fiko-Berichts (siehe Seite links) endlich alle Verfehlungen bekannt
    sind, ist ungewiss.

    bz 13.12.2013

  • BVB: Aufträge unter der Hand vergeben

    Die BVB umgingen das Beschaffungsgesetz – Vizedirektor Franz Brunner steht nun im Fokus der Vorwürfe.

    Nachdem immer mehr Details aus dem Bericht der Finanzkontrolle zu den Ungereimtheiten und Verfehlungen bei den Basler Verkehrsbetrieben (BVB) öffentlich wurden, trat Regierungsrat Hans-Peter Wessels die Flucht nach vorne an und liess gestern Abend den bisher geheim gehaltenen Bericht auf der Website des Bau- und Verkehrsdepartementes mit teils geschwärzten Passagen veröffentlichen, die sich aber mit einem einfachen Trick umgehen und die Zeilen sichtbar werden lassen.

    Neben den Privilegien für den wegen Sexvorwürfen geschassten BVB- Direktor Jürg Baumgartner enthält der Bericht der Finanzkontrolle (Fiko) weiteres, bisher der Öffentlichkeit unbekanntes Material zum Thema Submissionen: Dabei rückt jetzt Vizedirektor Franz Brunner in den Fokus, der laut Informationen der BaZ federführend bei der unrechtmässigen Vergabe von Aufträgen im grossen Stil gewesen sein soll. So wurden gemäss dem Bericht der Finanzkontrolle Aufträge für Informatikleistungen und SAP-Datenbanken unter der Hand vergeben. Der Umfang dieser Beträge geht in die Millionen, über mehrere Jahre wurden so insgesamt Aufträge für fast sieben Millionen Franken an Unternehmen vergeben – dies obwohl das kantonale Beschaffungsgesetz eine Ausschreibung ab einem Betrag von 250 000 Franken vorsieht.

    Brunner kannte Firmeninhaber

    Im Bericht der Fiko werden insgesamt vier Firmen aufgelistet, bei denen ein Whistleblower vermutet hatte, dass keine Submission durchgeführt wurde. Dieser Verdacht bestätigte sich, wie die Fiko in ihrem Bericht festhält. Gemäss diesem wurde die CMD ManagementGroup für SAP-Projekte in den Jahren 2009 bis 2013 mit jährlich 500 000 Franken vergütet. Einige Jahre zuvor, nämlich 2007 und 2008 erhielt das Unternehmen Rheinhardt Time Solutions 800 000 Franken für SAP-Dienstleistungen, weiter flossen rund 320 000 Franken an die Solution Ware AG.

    2012 und im laufenden Jahr kam die Firma Mida Informatik AG aus Arlesheim zum Handkuss: Das Kleinunternehmen durfte für die BVB SAP-Dienstleistungen in der Grössenordnung von jährlich 630 000 Franken erbringen. Ein pikantes Detail, das Vizedirektor Franz Brunner jetzt in Bedrängnis bringen könnte: Brunner und der Inhaber der Mida Informatik kennen sich aufgrund von geschäftlichen Tätigkeiten bei einem früheren Arbeitgeber, wie die BVB auf Anfrage mitteilen. Diese geschäftliche Verbindung, die Brunner auch privat spielen liess, könnte nach seinem ehemaligen Vorgesetzten, Direktor Jürg Baumgartner, jetzt auch ihm zum Verhängnis werden: So sponserten die von den BVB beauftragten Firmen Mida Informatik und CMD Management Group im Juli letzten Jahres ein Sportlager des TV Breitenbach, das Franz Brunner organisiert hatte. Zu letzterem Unternehmen soll Vizedirektor Brunner laut den BVB jedoch keine geschäftliche Beziehung unterhalten haben, bevor die unrechtmässige Auftragsvergabe stattfand.

    Bei einem weiteren Unternehmen, das Aufträge ohne Ausschreibung erhielt, soll Brunner die Firmeninhaber zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe ebenfalls nicht gekannt haben. Dabei handelt es sich um die deutsche IT-Beratungsfirma Hansecom, die seit dem Jahr 2010 jährlich Dienstleistungen für SAP-Lösungen erbringt, wie die BVB auf Anfrage erklären. Im Bericht der Fiko ist der Name Hansecom jedoch nicht vermerkt. Damit tauchen rund zwei Millionen Franken an unrechtmässig vergebenen Aufträgen auf, welche die Finanzkontrolle bei ihrer Überprüfung offensichtlich übersehen hatte.

    Weitere Fälle ohne Submission?

    Die Finanzkontrolle hätte indes von diesem Auftrag wissen können: Als Referenz gibt Hansecom auf ihrer Website die BVB an und unterstreicht unter dem Titel «BVB setzen in der Instandhaltung auf SAP» in einer Medienmitteilung aus dem Jahr 2009 ihre Kompetenz auf dem Gebiet von SAP-Lösungen. In ihrem Bericht hält die Fiko fest, dass die kantonalen Beschaffungsvorschriften «strikt» einzuhalten seien. Die Einhaltung der Submissionsbestimmungen bei anderen von den BVB beauftragten Firmen sei indes nicht geprüft worden, schreibt die Fiko. Damit bleibt offen, ob es bei den BVB zu weiteren Ungereimtheiten bei Auftragsvergaben gekommen ist. Der Fall der Firma Hansecom dürfte zumindest ein deutlicher Hinweis darauf sein.

    Die Vergabe dieser Aufträge lag in der Kompetenz der Geschäftsleitung, teilen die BVB mit. Derweil gelobt das Unternehmen Besserung und gesteht ein, den Vorgaben des kantonalen Submissionsgesetzes «nicht die notwendige Beachtung geschenkt zu haben». Die notwendigen Massnahmen seien bereits vor drei Jahren eingeleitet und eine Stabsstelle «Legal & Compliance» geschaffen worden. An seiner Sitzung vom Montag habe der Verwaltungsrat zudem beschlossen, dass ein externes Audit aller Aufträge des Jahres 2013 mit einem Minimalvergabewert von 250 000 Franken durchgeführt wird, um Klarheit über die getätigten Auftragsvergaben zu erhalten.

    http://bazonline.ch/basel/stadt/BV…/story/14226436 14.12.2013

  • Wenn sich Manager im Staatsdienst wie Hechte im Karpfenteich verhalten

    Am Freitagabend hat das Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) den Bericht der Finanzkontrolle über die BVB veröffentlicht. Das Gute daran: Das BVD schafft Transparenz. Die schlechte Nachricht: Der Bericht offenbart ein riesiges Durcheinander.

    Am Freitagabend hat das Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) den Bericht der Finanzkontrolle über die BVB veröffentlicht. Solche Berichte bleiben normalerweise unter Verschluss. In diesem Fall musste der Bericht jedoch in öffentlichem Interesse zugänglich gemacht werden. Das ist die gute Nachricht: Das BVD schafft Transparenz.

    Die schlechte Nachricht: Der Bericht offenbart ein riesiges Durcheinander. Verwaltungsratspräsident Gudenrath gewährt Direktor Baumgartner eine Dienstwohnung und einen Dienstwagen, obwohl es dafür im Kanton Basel-Stadt keine rechtliche Grundlage gibt. Direktor Baumgartner und GL-Mitglied Brunner lassen sich Überstunden im fünfstelligen Bereich auszahlen, obwohl die Arbeitszeitverordnung die Barauszahlung von Überstunden für Mitarbeitende ihrer Lohnklasse ausschliesst. Kinder von VR- und GL-Mitgliedern kommen zu gut bezahlten Ferienjobs in der Firma ihrer Väter. Was für ein Kuddelmuddel.

    Martin Gudenrath und Jürg Baumgartner wollten das Powerduo sein, das aus dem verschnarchten Staatsbetrieb BVB ein modernes, marktorientiertes Verkehrsunternehmen macht, das in der Champions League spielt. Die Titelseiten der Zeitungen haben die beiden jetzt erobert - aber nicht mit ihrer Arbeit, sondern mit ihrem Abgang. Doch das Debakel bei den BVB ist nicht einfach die Geschichte von zwei Männern, die gestrauchelt sind. Es ist ein Fall Staatsbetrieb vs. Marktwirtschaft.

    Die BVB waren über 100 Jahre lang ein klassischer Staatsbetrieb. Als am 6. Mai 1895 die ersten Trams in Basel fuhren, wurden sie zum ersten Mal in der Schweiz nicht von einer privaten, sondern von einer staatlichen Behörde betrieben: den «Basler Strassenbahnen». 2006 wurden die BVB verselbstständigt als öffentlich-rechtlicher Betrieb mit Selbstverantwortung, auch im Rechnungswesen.

    Ob BVB, IWB oder Spitäler - von einer solchen Auslagerung erhofft sich der Staat, dass das Unternehmen agiler wird, sich stärker an den Kunden orientiert und sich damit besser bewährt am Markt. Ausgelagerte Unternehmen werden des- halb von markterprobten Managern geführt. Und die verhalten sich ganz offensichtlich im ehemaligen Staatsbetrieb wie Hechte im Karpfenteich.

    Doch ob Staatsabteilung oder ausgelagertes Unternehmen - BVB und IWB sind immer noch in erster Linie den Bürgern im Kanton verpflichtet. Zum einen, weil sie dem Kanton gehören, zum anderen, weil sie eine Leistung erbringen, welche die Bürger nirgendwo sonst beziehen können. Manager, die einen Staatsbetrieb übernehmen, können sich deshalb nicht gleich verhalten, wie ihre Kollegen in der Privatwirtschaft, weil sie auch dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Auch im ausgelagerten Staatsbetrieb bleiben sie Staatsdiener, einfach mit den Mitteln der freien Marktwirtschaft. Die BVB ist auch unter neuem Management für die Bürger da.

    Die BVB brauchen keine tollen Hechte mehr, die viel versprechen und sich selbst noch mehr gönnen. Sie brauchen eine Führung, die zupackt, aufräumt und sich dann mit Tatkraft, aber auch mit einer gewissen Bescheidenheit daran macht, das Unternehmen weiterzuführen. Es benötigt einen Manager, der zugleich Staatsdiener sein kann. Im besten Sinn des Wortes: Diener an der Allgemeinheit.

    http://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-st…alten-127478925 14.12.2013

  • Dass sich die Staatsanwaltschaft einschaltet ist nur folgerichtig, denn der Verdacht der Korruption und der ungetreuen Geschäftsbesorgung liegt leider nicht allzu fern. Die Staatsanwaltschaft kann ja auch zum Ergebnis kommen dass keine Straftaten begangen wurden resp. nachgewiesen werden können.

    Schwach finde ich die Reaktion der Betroffenen. Jetzt noch schönreden ist schlicht nicht angebracht.

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