ZitatAlles anzeigen«Das erinnert an finsteres Mittelalter»
Mit seinem Vorschlag für einen «Pendlerzuschlag» hat Bundesrat Leuenberger offenbar einen wunden Punkt getroffen. Während viele zustimmen, dass vor allem in den Zügen die Zustände verherend sind, finden die Ideen dennoch keine Zustimmung, wie Leser-Kommentare zeigen.
Das neue Zauberwort gegen den Verkehrskollaps heisst «Mobility-Pricing.» Die Vision von Bundesrat Moritz Leuenberger sieht vor, die Bahnbillets sowie die Hauptachsen des Strassenverkehrs während den Stosszeiten massiv zu verteuern. Mit diesen Einnahmen soll der weiter Ausbau und Unterhalt des Verkehrsnetzes sichergestellt werden.
Steuerlöcher stopfen?
Leuenberger begründet den radikalen Schnitt unter anderem damit, dass der Ertrag aus der Mineralölsteuer in den kommenden Jahren stetig sinken werde. Dies weil die Autos immer weniger Sprit verbrauchten. Davon ist heutzutage nicht viel zu spüren, im Gegenteil: «Im 2008 verbuchten wir mit 5.2 Milliarden Franken die höchsten Einnahmen in der Geschichte», sagt Rolf Rawyler, stv. Chef der Sektion Mineralölsteuer. Für die nächsten vier Jahre rechne er mit keinem nennenswerten Rückgang des Ertrages.
Erst gratis, dann noch teurer
Fehlende Steuern hin oder her - die User stehen der neuesten Idee des Bundesrats mehr als kritisch gegenüber: «Die Idee dahinter ist natürlich die Auslastung über den Tag zu verändern. Das Problem ist nur, dass 90 Prozent der Pendler nicht freiwillig vor 9 Uhr und nach 17 Uhr pendeln und auch die Verteuerung der Stosszeiten daran nichts ändern kann», wirft der User Andy ein. Kopfschütteln indes bei The_Pirate: «Vor einem Jahr noch wollte der selbe Mann doch, dass das Zugfahren gratis wird! Hm, so schnell gehts.»
Preisnachlässe für Stehplätze
Vor allem seitens der Zugfahrer weht dem Bundesrat ein eisiger Wind entgegen. Ein von ihnen ist Michi: «Noch mehr zahlen und trotzdem keinen Sitzplatz haben - denen gehts echt nicht mehr gut! Kommt aber nicht von ungefähr; dort wo mehr konsumiert wird - sprich: auf den Hauptachsen - lohnt sich das Abzocken natürlich besonders.» Weitaus konstruktiver hingegen argumentiert Ueli: «Besser als Strassenzoll wäre Standortförderung für Firmen in der Agglomeration um Verkehr zu verteilen.» Hans Meier schiebt nach: «Solange die notwendige Kapazität nicht da ist sollte man eher über Preisnachlässe nachdenken!»
Moderne Wegelagerei
Nicht minder umstritten ist das so sogenannte Road Pricing, also die allgemeine Strassenabgabe: «Was BR Leuenberger will, ist anscheinend die Einführung von Road Pricing = Strassenzoll. Das erinnert an das finstere Mittelalter und ist unakzeptabel. Die elektronische Erfassung führt zudem zu einer totalen Überwachung des Strassenverkehrs», echauffiert sich Peter Müller. Ins gleiche Horn stösst Beni: «Leuenberger will den Wegzoll wieder einführen.» Auch an der Praxistauglichkeit des Modells hat manch einer seine Zweifel. Etwa M. Müller: «Um das zu verwirklichen müssen Milliarden für Mautsysteme ausgegeben werden (siehe Deutschland Tollcollect Desaster). Lieber die Autobahnvignette teurer machen wenn das Geld nicht reicht.»
(am/oku)
Quelle: 04.11.2009, https://www.tramforum-basel.ch/www.20min.ch