Die Sanierung der 15 Berner Combino-Trams startet erst ab Mai 2005. Die Herstellerfirma Siemens hat den kritischen Kilometerstand für mögliche Schäden erhöht. Ein «Pilottram» soll noch im Januar saniert werden.
Die Combinos von Bernmobil kurven durch die Strassen, als ob nichts geschehen wäre. Dabei war die Sanierung der ersten Tramzüge für Dezember 2004 geplant. «Siemens hat die Kilometerzahl für das Auftreten möglicher Schäden auf 155 000 erhöht», sagt Mirjam Bütler, Sprecherin von Bernmobil. Nach dem Auftreten von Rissen am Wagenkasten hatte die Herstellerfirma die Kunden im März 2004 avisiert, Trams mit über 120 000 Kilometern aus dem Verkehr zu ziehen. In Basel führte dies vorübergehend zum «Grounding» der Combino-Flotte.
«Wir wussten noch zu wenig»
Trotz der Erhöhung der «Schadensgrenze» ist die Sicherheit der Fahrgäste von Bernmobil nach wie vor gewährleistet, wie Siemens-Sprecher Benno Estermann versichert: «Die Zahl von 120 000 Fahrkilometern war eine zu pessimistische Annahme. Damals wussten wir noch zu wenig über die Ursachen möglicher Schäden», begründet er die Erhöhung.
Das Hinausschieben der Sanierung sei zudem durch die diversen Entlastungsmassnahmen an den Trams von Bernmobil möglich geworden. So wurden unter anderem neue Lager in die Wagenkästen eingebaut. Zudem sind an Stelle der steifen Lenkungen des Fahrwerks neue Konstruktionen mit Dämpfern eingebaut worden. «Ohne diese Entlastungsmassnahmen hätte man Berns Combino-Flotte im Dezember 2004 stilllegen müssen», erklärt Estermann.
Im Januar das «Pilottram» reparieren
Der Vertrag zwischen Bernmobil und Siemens über die definitive Sanierung der Combinos steht kurz vor der Unterzeichnung. Darin ist unter anderem auch die Reparatur eines «Pilot-trams» vorgesehen. Das erste der 15 Combinos könnte nach Angaben von Mirjam Bütler also bereits diesen Monat in die Siemens-Werkstätten von Krefeld (Deutschland) oder Prag transportiert werden. «So gewinnen wir Erkenntnisse, die uns helfen, die Sanierung im Detail zu planen», sagt Siemens-Sprecher Benno Estermann. Er bestätigt auch eine Aussage von Bernmobil, wonach eine Sanierung der Trams vor dem Auftreten von Schäden günstiger zu stehen kommt.
Gesamte Flotte bis Ende 2006 fertig
Die restlichen 14 Schienenfahrzeuge könnten dann frühestens ab April/Mai saniert werden. Wie angekündigt sollen dabei nie mehr als zwei Combinos aufs Mal ausser Betrieb genommen werden. Estermann rechnet mit einer Dauer von ein bis zwei Monaten pro Fahrzeug, sodass die gesamte Flotte bis Ende 2006 saniert sein sollte. Der genaue Zeitplan wird im Vertrag festgelegt. Die Kosten für die Arbeiten werden vollumfänglich von Siemens übernommen, wie Hans-Rudolf Kamber, Direktor Bernmobil, letztes Frühjahr versicherte. «Allfällige Forderungen nach Schadenersatz kann ich mir nicht vorstellen», sagt Benno Estermann.
Bernmobil hat nun die geplante Beschaffung von 19 bis 25 neuen Trams auf Eis gelegt. Dies hängt aber weniger mit dem Combino-Debakel als dem Nein der Stimmberechtigten zum Tram Bern West zusammen, wie Mirjam Bütler versichert. «Die Anschaffung ist sistiert, bis im September 2005 über die weitere Erschliessung von Bern West entschieden wird.» Damit wird ein heikler Entscheid vorläufig hinfällig. Die deutsche Stadt Potsdam, wo die Risse an den Combino-Wagenkästen erstmals auftraten, hatte bereits im Sommer 2004 die Beschaffung weiterer Combinos gestoppt. Bis Ende Januar soll dort gar entschieden werden, ob die bestehende Combino-Flotte an Siemens zurückgegeben wird. «Eine Rückgabe der Trams steht für uns nicht zur Debatte», erklärte Bernmobil-Direktor Hans-Rudolf Kamber noch im letzten Frühjahr.
[Quelle: Bieler Tagblatt: Bernhard Ott]