Nachdem in Bern vier Personen vom Zug erfasst worden sind, fordern Politiker schärfere Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen. Die SBB sehen noch keinen Handlungsbedarf.
Die Berner Bahnhöfe stehen zurzeit in keinem guten Licht: Am Sonntagabend wurden zwei Schwestern von einem Zug erfasst und getötet, einen Tag später kamen zwei junge Erwachsene beim Überqueren der Gleise ums Leben. Der Berner Stadtrat Philip Kohli (BDP) erwartet jetzt, dass die SBB reagieren und die Sicherheitsvorkehrungen verschärfen oder zumindest die bestehenden nutzen. «Es muss etwas passieren. Wenn die SBB nicht handeln, werde ich per Vorstoss den Gemeinderat dazu auffordern, bei den SBB Druck zu machen», erklärt der Politiker.
Auch auf nationaler Ebene beschäftigt man sich mit der Sicherheit an Bahnhöfen. SP-Nationalrätin Bea Heim sieht ebenfalls Handlungsbedarf. «Die Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr Schweiz wird mit einem Schreiben an die SBB-Direktion wie auch an den SBB-Kundenbeirat für die Verbesserung der Sicherheit auf Bahnhöfen plädieren.» Ihrer Meinung nach sollten zumindest an den grossen Bahnhöfen Massnahmen ergriffen werden. Dabei setzt sie in erster Linie auf akustische Warnsignale, kann sich aber auch andere Lösungsansätze vorstellen. Von einem Vorstoss auf politischer Ebene sieht sie jedoch ab, denn «der direkte Weg geht rascher».
Züge sind zu leise
Laut Kohli liegt eine unkomplizierte und kostengünstige Lösung bereits nahe: «Am kritischen Bahnhof Wankdorf, wo die zwei Schwestern verunfallt sind, sind bei den Gleisen bereits Lichtsignalanlagen installiert, die eigentlich blinken müssten, wenn ein Zug ein- oder durchfährt.» Nur seien diese Anlagen nicht in Betrieb. Auch Lautsprecherdurchsagen für Zugsdurchfahrten würden nur selten gemacht.
Insbesondere in der dunklen Jahreszeit wären solche Warnhinweise jedoch absolut sinnvoll, sagt Kohli. «Im Winter sieht man den Zug nicht herannahen. Man hört ihn auch nicht, weil er so leise ist. Ich habe es selbst getestet und bin erschrocken, als der Zug an mir vorbeirauschte.»
SBB wollen Untersuchung abwarten
SBB-Sprecher Daniele Pallecchi betont, dass sowohl in Bümpliz als auch in Wankdorf alle Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Zudem seien in Wankdorf die Lichtsignalanlagen nicht ausser Betrieb gesetzt worden, sondern kämen nur bei Grossanlässen zum Einsatz. Eine Warnung per Lautsprecher werde einzig bei hohem Passagieraufkommen und Durchfahrtsgeschwindigkeiten von über 160 Stundenkilometern gemacht. Ob das Sicherheitskonzept an den Bahnhöfen nun neu geprüft wird, hängt von den Untersuchungsergebnissen der Polizei und der Staatsanwaltschaft ab. «Wir werden die Situation danach gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verkehr beurteilen.»
Opfer waren unvorsichtig
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) sieht als Aufsichtsbehörde trotz der beiden tödlichen Personenunfälle im Raum Bern mit vier Todesopfern vorerst keinen Handlungsbedarf. Das BAV verfolge die Geschehnisse aufmerksam, sagte Amtssprecher Andreas Windlinger. In beiden Fällen seien aber gemäss heutigem Wissensstand nicht fehlende Sicherheitsmassnahmen, technische Probleme oder gar ein Versagen des Bahnpersonals Ursache. Unvorsichtiges Verhalten der Opfer stehe im Vordergrund. Falls Polizei und Staatsanwaltschaft bei ihren Untersuchungen zu einem anderen Schluss kommen und sich Fehler im Sicherheitsbereich ergeben sollten, so werde das BAV noch einmal über die Bücher gehen. (SDA)
Quelle: 20 Minuten (19.12.13)