DB: Bundesweiter Bahnverkehr weitgehend eingestellt

  • Die Situation aufgrund des Orkans „Kyrill“ hat sich weiter zugespitzt. Die Deutsche Bahn hat sich daher entschieden, den bundesweiten Zugverkehr aus Vorsorgegründen weitgehend einzustellen. Die Sicherheit der Fahrgäste steht hier an erster Stelle. Der S-Bahnverkehr wird soweit möglich noch aufrechterhalten.

    Die Züge werden gezielt an die Bahnsteige gefahren, so dass die Fahrgäste diese in den Bahnhöfen verlassen können.

    Die Empfangsgebäude der Bahnhöfe werden für die Reisenden offengehalten und auch in der Nacht mit Servicepersonal besetzt. Die Betreuung der Reisenden, etwa durch Versorgung mit Getränken, ist im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten in den Bahnhöfen und Zügen sichergestellt. Darüber hinaus unterstützt die Deutsche Bahn die Reisenden bei der Suche nach nahegelegenen Hotels und Unterkünften.

    Für entstehende Unannehmlichkeiten bittet die Bahn ihre Kunden um Verständnis.

    (Quelle: bahn.de)

  • Gemäss Fernsehberichten sei dies das erste Mal, dass sich die DB zu einer solchen Massnahme veranlasst sah. Sie tut es der BLT gleich, welche es auch nicht für nötig hielt, den Betrieb nach dem grossen Schneefall im März 2006 so rasch als möglich wieder aufzunehmen oder wenigstens einen Busersatz anzubieten.

    Da es sowohl in Basel schon mehr geschneit hat als im März 2006 und auch der derzeitge Sturm längst nicht Spitzenwerte wie Vivian oder Lothar erreichte stellt sich hier die Frage, ob die Gründe für die sang- und klanglose Einstellung des Betriebs nicht beim Wetter sondern eher bei einem unfähigen Management zu suchen sind.

  • ... vielleicht aus Sicherheitsgründen!? Oder könntest Du es verantworten, wenn durch unpassierbare Strecken Personen stundenlang in Zügen ausharren müssen oder gar verunglücken? Besser in einer Bahnhofshalle über die ach so moderne und alles im Griff habende Welt zu studieren als wegen Stromausfall irgendwo in der Pampa ausharren bis irgendwer zu hilfe kommt. Nicht zu denken, wenn wegen umgestürzten Bäumen ein Zug entgleist wäre oder ein Pendelzug während der Fahrt vom Wind aus den Schienen gehoben worden wäre.

  • Lieber Badbone, ich kann Deiner Argumentation nicht ganz folgen. Oder kannst Du mir erklären, was bei diesen widrigen Wetterverhältnissen an einem nicht spurgeführten, masslos überfüllten Bahnersatzbus sicherer sein soll als an einem Vollbahnzug? Wer übernimmt die Verantwortung, wenn einem Bahnersatzbus eine Tanne aufs Dach knallt oder eine Windböe ihn umwirft (besonders die teils eingesetzten Doppelstöcker dürften diesbezüglich sehr gefährdet gewesen sein). Könnte es nicht auch sein, dass ein Bahnersatzbus auf einer unpassierbaren Strasse in der Pampa stecken bleibt und die Fahrgäste stundenlang auf Hilfe warten müssen?

    Hier wurde wieder einmal der Weg des geringsten Widerstandes gewählt: Den Betrieb vollständig einzustellen ist schlicht die einfachste und billigste Variante. Zwischen Normalbetrieb und Betriebseinstellung gäbe es auch noch zahlreiche Zwischenlösungen. Zum Beispiel hätte den Zügen eine reduzierte Geschwindigkeit vorgeschrieben werden können.

  • Ich finde, das die Kritik an dem Vorgehen differenziert betrachtet werden muss.
    Die ersten Schritte zur Unfallvermeidung waren die generelle Heransetzung der Geschwindigkeiten ab 12:00
    (ICE max 200 inkl. ICE2 Steuerwagen voraus; Steuerwagen Fernverkehr inkl. Steruwagen Regio München - Ingoldstadt max 160 statt 200; Regionalzüge 140; Neigetechnik komplett aus und keine erhöhten Kurvengeschwindigkeit sowie max 140)
    waren trotz Giesskannenprinip gut.
    Die Einstellung des Verkehrs im Norden ist sicher nicht verkehrt gewesen, da es sonst sicherlich x steckengebliebene Züge gegeben hätte. Was nicht verständlich ist, weshalb ab 22:00 dann auch der komplette Verkehr im Süden eingestellt wurde.

  • Richtig, das Vorgehen muss differenziert betrachtet werden. Doch zuvor mangelte es an differenziertem Vorgehen. Die 12:00-Massnahmen sind gut und vertretbar. Alles was anschliessend kam war aber eine Panikreaktion, etwa so, wie wenn die SBB ihren Betrieb wegen der umgeblasenen AB-Komposition eingestellt hätte!

  • Im Nachhinein zu sagen ob es übertrieben war oder nicht ist immer sehr einfach!
    Angekündigt wurde seitens der Meteorologen ein Sturm mit einer Landesweiten Sturmwarnung mit mindestens der Orkanstärke 11. Für unsere Region erwartete man die Sturmspitze am Abend/Nacht. Wen Du, lieber Pantograph, die Nachrichten unseres Nachbarlandes gelesen hast, waren bis gestern noch mehrere Strecken in NRW unpassierbar gewesen. Da der Wind von der Nordsee/Niederlande über das Festland von Europa hereinbrach und eine Kulisse der Verwüstung zurück lies, liegt es für mich auf der Hand, dass man (vielleicht über)vorsichtig wird.
    Das wir hier in der Region bzw. Süden von Deutschland so glimpflich davongekommen sind, war reines Glück und war nicht vorhersehbar!
    Zu Deinem Einwand, ob ein Ersatzbus besser war als eine Vollbahn bin ich zum Teil Deiner Meinung. Der Vorteil eines Strassenvehikels ist die Flexibilität Unwegsamkeiten zu umfahren. Ich aber habe in keinen Nachrichten etwas davon gehört, dass ein Bahn - Ersatz als alternative Angeboten wurde.
    Ich hätte die Stimmen gerne hören wollen, wenn die Manager die Züge auf Teufel komm raus fahren gelassen hätten und es den zu mehreren landesweiten Pampastrandungen gekommen wäre, wo eine Versorgung der Reisende nur schlecht oder gar nicht geklappt hätte.
    Ob da unser Pantograph hätte helfen können???

    Einmal editiert, zuletzt von Badbone (22. Januar 2007 um 18:12)

  • Ich denke, dass nicht bloss die Gefahr des Liegenbleibens zum Entscheid geführt hat als vielmehr die Sorge vor Unfällen; ich höre förmlich das Gezeter, wenn ein Zug mit 200 km/h auf ein durch den Sturm verursachtes Hindernis geprallt wäre und Menschenleben gefordert hätte.

    Züge langsamer fahren lassen ist auch nicht umbedingt eine Alternative: wer bummelt schon gerne mit 80 km/h durch die Gegend, insbesondere wenn man die Distanzen in Deutschland mit einbezieht. Von irgendwelchen Anschlüssen gar nicht zu reden... Und was passiert mit den Reisenden, die "in der Pampa" stecken bleiben??

  • Ich frage mich dabei nur, wenn die Lage für Süddeutschland als so gefährlich eingestuft wurde, warum haben die SBB dann den Verkehr nicht eingestellt. Stadtführungen in Basel wurden am Abend zum Beispiel mit Hinweis auf die Gefährdung abgesagt. Müsste man dann nicht die SBB als Verantwortungslos hinstellen? Oder war es nicht doch so, das die DB Verantwortlichen (in Mitteldeutschland) die Situation etwas vorschnell pauschalisierten und den Betrieb einstellten. Auch bei Lothar, welcher ja in Mittel-Deutschland wenig Schäden anrichtete, wurden in Süddeutschland und der Schweiz Bäume und Stromleitungen umgerissen, ohne das in Deutschland oder der Schweiz pauschal der Verkehr auf der Schiene eingestellt wurde.

  • Ich stelle mir jetzt die Kommentare hier vor, wenn die DB den Verkehr nicht eingestellt hätte und etwas passiert wäre. Dann hätte es hier geheissen; "warum hat die DB nicht präventiv den Verkehr eingestellt". "Unbegreiflich wie die DB handelte" usw. Im Nachhinein sind wir alle gescheiter und wissen genau, wie es hätte gemacht werden müssen. Ich bin froh, dass sich die DB überhaupt Gedanken über mögliche Massnahmen machte. Das ist für mich verantwortungsvolles Handeln.

  • @Stephan Gassmann

    Zitat

    Ich stelle mir jetzt die Kommentare hier vor, wenn die DB den Verkehr nicht eingestellt hätte und etwas passiert wäre. Dann hätte es hier geheissen; "warum hat die DB nicht präventiv den Verkehr eingestellt". "Unbegreiflich wie die DB handelte" usw. Im Nachhinein sind wir alle gescheiter und wissen genau, wie es hätte gemacht werden müssen. Ich bin froh, dass sich die DB überhaupt Gedanken über mögliche Massnahmen machte. Das ist für mich verantwortungsvolles Handeln.

    Demnach hat die SBB (wo Sie notabene eine Führungsfunktion ausüben) verantwortungslos gehandelt?

  • In Deutschland hat dieser Sturm einiges mehr gewütet als bei uns.

    Wenn die DB bereits im Norden, Zentraldeutschland oder wo auch immer bereits starke Beeinträchtigungen erlitten hat, und nicht abzusehen war, ob es Süddeutschland auch trifft, kann ich diese Massnahme verstehen.

    Zudem fuhren ja einige Regionalverbindungen oder?

  • Möglicherweise hat der Sturm in Norddeutschland stärker gewütet als bei uns. Gerade deswegen war die Einstellung des ganzen Betriebes m. E. übereifrig. Ich frage mich einfach, ob alle anderen nordeuropäischen Bahnen (insbesondere die Appenzellerbahn, deren Pendelzug umgeblasen wurde) verantwortungslos handelten, als sie den Betrieb nicht einstellten.

  • Zitat

    Original von Badbone
    Fährt die Appenzeller Bahn neuerdings in Nordeuropa!? Den wäre Deiner Ansicht nach Spanien Mitteleuropa?

    Jawohl, ich bin jetzt Mitteleuropäer....


    Spass bei seite...


    Wenn jetzt das Fahrzeug der Appenzeller Bahn gut besetzt gewesen wäre, und mehrere Verletzte oder Tote resultiert hätten, dann hätte man jetzt garantiert gesagt, es war verantwortungslos.

    von dem her, kann man über Sinn und Unsinn diskutieren.

  • Wie gesagt, ob Sinn oder Unsinn ist immer schwierig zu sagen, vor allem danach. Mag blöd klingen in einer modernen Welt aber ich denke der Entscheid den Verkehr einzustellen bzw. weiterfahren zu lassen war mehr oder weniger ein Bauchentscheid der im wesentlichen beeinflusst geworden ist was gerade auf dem jeweils eigenen Bahnnetz wettermässig abgeht. Ob der getroffene Entscheid Regional richtig ist oder nicht, lässt sich erst (wenn überhaupt) danach sagen.

    Das es für die SBB oder der AB nicht so erschien mag darauf zurück zuführen sein, dass es keine vom Sturm ausgelösten Pannen gab.

  • Defakto wäre es vor zehn Jahren undenkbar gewesen, so einfach den Verkehr einzustellen. Das schlimme daran ist, dass von seiten des Verkehrsministeriums zu dem Vorgehen nur Lob als Kommentar kam.
    Bisher hab ich der DB immer mal 2 Meter Schnee gewünscht. Nur bringen tut das auch nichts mehr, denn dann stellen die ja einfach den Verkehr ein.