EÖVG und BVB-OG für einen kundenorientierten öV

  • Der öV in Basel war und ist vorbildlich. Basel hat hier zahlreiche Pionierleistungen hervorgebracht (z.B. U-Abo, Tarifverbund, Einführung der Vorortstramlinien ins Stadtzentrum). In seinem Artikel zeigt Robert Bösiger von der BaZ exemplarisch auf, wie sich das soziale, politische und wirtschaftliche Umfeld für den öV verändert hat: Immer kleiner ist die Zahl der öV-Kunden die aufgrund ihrer Lebenssituation auf den öV angewiesen sind, immer mehr die Leute die sich bewusst zwischen Auto oder öV entscheiden können und wollen. Diese letzteren müssen mit attraktiven und kundenfreundlichen Angeboten immer wieder neu abgeholt werden, wollen wir den Marktanteil des öV in unserer Region zu Gunsten der Lebensqualität und der Umwelt nur halten oder besser steigern. Auch im öV gilt: Wer gut ist muss besser werden und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben......

    Das ÖVG schafft günstige Rahmenbedingungen für den öV. Durch gezielte Massnahmen (intelligente Verkehrslenkung) können Trams und Busse effizienter durch den Verkehr geführt werden und die Fahrzeiten verkürzt werden. Dies macht sie für die Kundschaft attraktiver und spart erst noch Kosten, da die gleiche Leistung mit weniger Fahrzeigen erbracht werden kann. Weiter garantiert das ÖVG auch den selbständigen Zutritt für behinderte und betagte Menschen zum öV; dies nicht nur im Bereich der Fahrzeuge, sondern auch im Bereich der Publikumsanlagen, bei den Billetautomaten und den Fahrgastinformationssystemen.

    Endlich wird das im Regionalverkehr und in den meisten Städten auch im Ortsverkehr schon seit Jahren erfolgreich praktizierte Bestellerprinzip auch bei uns in Basel eingeführt. Dies schafft mehr Transparenz zwischen dem Besteller (Kanton, d.h. Grosser Rat und Regierungsrat) und den Leistungserbringern (BVB, Regio-S-Bahn). In Zukunft wird mit der BVB eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, welche die Abgeltung für den Service Public festschreibt, anstelle der Defizitdeckung im Nachhinein. So muss die BVB endlich auch kein Defizit mehr schreiben, da ihre Leistung - wie bei den meisten anderen Verkerhsbetrieben der Schweiz - im voraus abgegolten wird. Dieses System wird in BL schon seit der Gründung der BLT erfolgreich praktiziert. Werden die beiden Gesetze angenommen, so ist die Zeit vorbei, wo es hiess “Die BLT ist gelb und schreibt schwarze Zahlen, die BVB grün und schreibt rote Zahlen“. Für die BVB ist das auch gut so, denn sie bekommt endlich gleich lange Spiesse in der Zusammenarbeit mit der BLT.

    Um auf die veränderte Marktsituation vorbereitet zu sein, braucht die BVB mehr unternehmerischen Spielraum. Deshalb ist es nur richtig, wenn sie dank dem neuen BVB-OG als moderner Staatsbetrieb mit eigener Rechtspersönlichkeit mehr Selbständigkeit zugestanden bekommt. Vorbild dieser Reform ist sicher nicht das miserable englische Eisenbahnwesen, sondern die SBB, aber auch die BLT und BERNMOBIL, Unternehmen die schon seit längerer Zeit selbständige Staatsbetriebe sind. Diese konnten in den letzten Jahren ihre Dienstleistungen zugunsten der Kundschaft weiter auszubauen und diesen so „mehr öV für das gleiche Geld“ bieten.

    Die Gegnerschaft erzählt das Märchen von der drohenden Privatisierung und vom drohenden Leistungsabbau. Nehmen wir uns doch einige Minuten Zeit und lesen die Gesetze genau durch und entscheiden dann selber, was von diesen Behauptungen der Gegner zu halten ist. In Paragraph 1 des BVB-OG heisst es beispielsweise: "Die Basler Verkerhsbetriebe sind ein Unternehmen des Kantons in der Form einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt". Oder schauen wir uns doch nur mal die BLT an, welche seit deren Gründung in den Achtzigerjahren ein selbstständiger Staatsbetrieb ist. Sind die gelben Drämmlis etwa schlechter als ihre grünen Schwestern? Wurden in Baselland Leistungen abgebaut? Das Gegenteil ist der Fall, die BLT hat in den letzten 20 Jahren ihre Leistungen wie kein anderer Betrieb erweitert und so nicht zuletzt auch attraktive Arbeitsplätze geschaffen!

    „Mehr öV für das gleiche Geld“ im Interesse der Umwelt, der Lebensqualität in den Quartieren und nicht zuletzt der Sicherung der Arbeitsplätze. Deshalb sage ich als Tramfan und öV-Benutzer 2 x Ja zu ÖVG und BVB-OG!

    Martin Häfliger

    Einmal editiert, zuletzt von kurduvadi (20. Februar 2005 um 11:38)

  • Ja, es ist viel Text. Aber es ist einer der wenigen Beiträge, der mit sachlicher und überzeugender Argumentation aufzeigt, warum die Basler Stimmbürger am 27.2.05 2 x Ja zu den BVB-Vorlagen sagen sollten.

  • @ Hr. Häfliger:

    Bei allem nötigen Respekt: Ich würde Sie lieber kompetent zum Bärnertram und dem Iasi-Projekt sprechen hören.

    Worte zur Abstimmung fände ich nur dann gut, wenn sie konkret antworten würden auf folgende Fragen:
    - Für welches Jahr sieht das OeV-Gesetz verbindlich die Gleisverbindung über die Johanniterbrücke vor?
    - Für welches Jahr die Eröffnung der Linie 11 nach Saint-Louis Gare?
    - Für welches Jahr Linie 8 Weil am Rhein?
    - Und Linie 8 Allschwil?
    - Und Linie 3 Bourgfelden Centre?
    - Und die Elektrifizierung der Trolleybslinie 36?
    - Und mit welcher Finanzierung?

    Sehen Sie, das wäre ein OeV-Gesetz, für das ich Ja stimmen würde. Das Gesetzchen, das jetzt vorgeschlagen ist, fördert nur die Mutlosigkeit und unterstützt letztlich nur die Anti-OeV-Politik der Verkehrsabteilung.

  • @ Grenzdrämmler:
    Die von Dir aufgeworfenen Fragen hätte ich auch gerne beantwortet. Wo finde ich die entsprechenden Antworten in den derzeit gültigen Gesetzen? Wenn dort konkrete Antworten zu finden sind, sind diese Fragen auch geeignet im Abstimmungskampf aufgeworfen zu werden. Alles andere beruht auf reiner Spekulation. Dieser Schuss kann bös hinten raus gehen. Wenn Argumente nichts mit dem Abstimmungsthema zu tun haben, werden sie nicht ernst genommen und das Gegenteil vom erwünschten Ziel wird erreicht.

  • @ Marcus Berger:

    Seit 110 Jahren rollen die BVB ohne ein solches OeV-Gesetz. Immer noch besser als ein Alle-sind-im-Verkehr-gleichberechtigt-Gesetz in Kombination mit einer mutlosen und zögerlichen OeV-Spitze.

  • Lieber Grenzdrämmler, die von Ihnen aufgeworfenen Fragen sind richtig und müssen bald beantwortet werden. Sie gehören m.E. aber kaum in ein ÖV-Gesetz, denn dieses gibt ja keinen Strecken- und Linienplan vor.

    Die Tramlinienverlängerungen nach St. Louis und Weil sind wichtig und werden ja im Rahmen der Trinationalen Agglomeration Basel (TAB) auch studiert udn verhandelt. Die Verlängerung der Linie 8 nach Allschwil ist Bestandteil des zusammen mit BL, SO und AG auszuarbeitenden Agglomerationsprogramms (nach dem NFA-Ja wird jetzt auf Bundesbene ein Agglomerationsverkehrsfonds geschaffen, weshalb BS und BL unter Umständen Bundesbeiträge für dieses Projekt bekommen können). All diese Projekte kann Basel-Stadt aber nicht allein realisieren, denn es sind andere Kantone oder Gebietskörperschaften in den Nachbarländern involviert. Es würde deshalb wohl auch nicht viel nützen, diese Projekte in einem BS-Gesetz festzuhalten.

    Die Elektrifizierung der Trolleybuslinie 36 ist nochmals eine andere Frage, die ja nächstes Jahr zur Abstimmung gelangt (Trolleybusinitiative).

    PS: Gerne spreche ich einmal zum Iasi-Projekt, dies aber bei einem Kaffee oder im Rahmen eines TCB-Hocks.

    Martin Häfliger

  • Kundenorientierung bedeutet neben einer gesunden Angebotspolitik uach immer eine günstige Fahrpreispolitik.
    Unternehmen, die privatrechtlich organisiert sind, haben einen riesigen Drang dahin, die Löhne der eigenen Mitarbeiter als Wettbewerbs- und Kostennachteil gegenüber Mitbewerbern darzustellen. Als erstes bei einer solchen Umorganisation geht es meistens nicht lange, bis der erste Griff in die Tasche der Mitarbeiter erfolgt. Jahrzehnte lang erkämpfte Rechte werden manchal innert kürzester Zeit der Konkurenzfähigkeit geopfert. Gleichzeitig wirbt man nach und nach billigeres aber gleichzeitig schlechter qualifiziertes Personal an.

  • Was Renntrabi sagt stimmt leider viel zu oft. Dieser Problematik war sich der Grosse Rat aber sehr wohl bewusst, denn Artikel 13 und 14 des BVB-OG sichern dem Personal weiterhin die gleichen Arbeitsbedingugnen zu wie dem Basler Staatspersonal. Dafür haben sich nicht zuletzt zahlreiche SP-VertreterInnen in der UVEK eingesetzt. Nur im Einvernehmen mit den Personalverbänden kann (aber muss nicht) ein GAV abgeschlossen werden.

  • Was den Bestand an Museumsfahrzeugen angeht, kann eine Umstrukturierung Vor- oder Nachteile bringen, wobei natürlich der Spardrang in einem Eigenbetrieb sicherlich die Lage in diesem Fall nicht besser werden lässt.
    Es gibt verschiedene Beispiele, wo die Umwandlung in eine AG wie z.B. in Dresden die Oldtimer sehr stark fördert. Dort werden regelmässig weitere Fahrzeuge in Betrieb genommen.
    Prominentes Gegenbeispiel ist hier die BLT, aber auch viele andere Betriebe (zum Beispiel in der Region Mannheim/Ludwigshafen/Heidelberg) wo man in den letzten Jahre viele Oldtimer über die Klinge hat springen lassen oder gar nicht erst eine annähernd vollständige Dokumentation der Geschichte versucht hat.

  • Ich denke, dass zwischen der Oldtimerpolitik und der Rechtsform eines Betriebes wenig Zusammenhang besteht, wie ich es bereits in der Rubrik zum Thema "Da hat das Tramforum aber gut aufgepasst" am Beispiel von BERNMOBIL (eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt) dargelegt habe.

    Wie auch immer die Abstimmung ausgehen wird, das Beste was wir als TCB für den Erhalt unserer Oldtimer tun können ist, der BVB (und der Politik) praktisch aufzuzeigen (und sie dabei zu unterstützen), welchen Wert die Oldtimer als Sympathieträger, für das BVB-Marketing und den Tourismus in Basel haben. Da ist der TCB schon heute genau auf dem richtigen Weg. Wichtig ist der gute Kontakt und konstruktive Dialog mit der Betriebsleitung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute in der Direktion und den Depots in dieser Frage plötzlich so ganz anders denken, nur weil die BVB als Staatsbetrieb eventuell etwas mehr Selbständigkeit bekommt. Das Problem des Spardruckes bestheht so oder so, denn die finanzielle Lage des Kantons ist nun halt mal nicht rosig.

    Die weniger oldtimerfreundliche Politik der BLT hat meines Erachtens weniger mit deren Rechtsform zu tun, als damit, dass es sich um einen relativ jungen Betrieb handelt. Wir müssen in Erinnerung behalten, dass die BLT nur indirekt Nachfolgerin der Birseckbahn ist und dass die alten Birsigtalfahrzeuge aus technischen Gründen nicht betriebsfähig erhalten werden konnten (die meisten von ihnen gingen sowieso zur TPC in Aigle und Stern und Hafferl, wo sie auf der Atterseelinie im Einsatz stehen).