Die Linie des Hasses

  • Im Frühling soll die erste Tramlinie in Jerusalem den Betrieb aufnehmen. Die Palästinenser versuchen, dies mit allen Mitteln zu verhindern. Sie sehen durch das Schienennetz ihre Existenz bedroht.

    Die neue Tramlinie verspricht die ständigen Staus in der Innenstadt zu mindern. Eigentlich eine gute Idee. Aber den Palästinensern in Jerusalem ist alles andere als nach Feiern zumute. Sie hoffen, dass das eine Milliarde Dollar teure Tram entgleist, bevor es richtig auf Touren kommt. Ihre Befürchtung: Die Linie zementiere den Machtanspruch der Israelis über Ostjerusalem, den Teil der Stadt, den die Palästinenser als Hauptstadt wollen.

    Die 14 Kilometer lange Linie verbindet das von Juden dominierte Westjerusalem mit Pisgat Zeev, einer der grössten jüdischen Siedlungen im arabischen Ostteil.

    «Der Zweck dieser Strecke ist es, eine Brücke zwischen der jüdischen Siedlung und West-Jerusalem zu schlagen. Und dazu benutzen sie unser Land», sagt Ahmed Rweidi, ein Berater von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. «Das Tram ist illegal und die Siedlungen sind es auch.»

    Boykottaufruf gegen Alstom

    Die Strecke mit den 23 Haltestellen ist aber kaum noch zu verhindern. Die meisten Gleise wurden bereits gelegt. 44 Kompositionen stehen im Depot für die ersten Tests im März bereit.

    Alles, was den Palästinensern noch bleibt, ist, gegen die französischen Firmen Veolia und Alstom zu klagen, welche die Transportinfrastruktur liefern. Sie fordern von allen arabischen Staaten, dass sämtliche Verträge mit den beiden multinationalen Konzernen aufgekündigt werden. Alstom-Sprecher Philippe Kasse kommentiert den Boykottaufruf so: «Eine bestehende Buslinie durch ein Tramsystem zu ersetzen, ist keine politische Handlung.»

    Tram diene Arabern und Juden

    Der israelische Regierungssprecher Mark Regev sagt: «Das neue Tram ist für alle Einwohner von Jerusalem ein Vorteil, also für Araber und Juden.» Drei Haltestellen würden schliesslich auch im arabischen Quartier Shuafat gebaut.

    Der Streit um die Tramlinie markiert einen weiteren Höhepunkt im Konflikt um Jerusalem. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu liess jüngst verkünden, er sei nicht bereit, auf den östlichen Teil von Jerusalem zu verzichten. Damit nimmt er eine härtere Haltung als seine Vorgänger ein. Ein Friedensabkommen ist durch diese Aussagen in weite Ferne gerückt. «Israel hat das Recht, überall in dieser Stadt Häuser zu bauen», so Netanyahu.

    Quelle: http://bazonline.ch/ausland/naher-…/story/30180533