BLT-Chef will nicht «Fuhrhalter» werden

  • BLT-Chef will nicht «Fuhrhalter» werden

    AUS DEM TARIFVERBUND NORDWESTSCHWEIZ (TNW) EIN VERKEHRSVERBUND ZU MACHEN, IST UMSTRITTEN

    Mit einem Verkehrsverbund nach Zürcher Vorbild soll der öffentliche Vekehr verbessert werden. Diese Forderung der «Starken Region» stösst auf heftigen Widerstand. Auch bei BLT-Direktor Andreas Büttiker.

    Ein gemeinsamer Verkehrsverbund soll künftig treibende Kraft für die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs der Nordwestschweiz werden. Diese Forderung erhebt die Vereinigung «für eine starke Region Basel/Nordwestschweiz». In parlamentarischen Vorstössen im Basler Grossen Rat und im Baselbieter Landrat wird dieses Begehren auf die politische Ebene gebracht (die baz berichtete).

    «MEHR BÜROKRATIE». Während ein Tarifverbund, wie er in der Nordwestschweiz seit 1987 besteht, nur dazu führt, dass die beteiligten Verkehrsunternehmen einheitliche Tarife und Fahrkarten schaffen und diese gegenseitig anerkennen, geht ein Verkehrsverbund weiter: Bleibt bei Tarifverbünden die Angebotsplanung und -koordination grundsätzlich weiterhin bei den einzelnen Unternehmungen und den politischen Behörden der verschiedenen Kantone, ermöglicht ein Verkehrsverbund ein koordinierteres Vorgehen.Darum ist die «Starke Region» überzeugt, dass «ein Verkehrsverbund als rechtlicher, organisatorischer und betrieblicher Zusammenschluss ein besseres Angebot für die Fahrgäste ermöglichen wird».

    Doch der Vorstoss der «Starken Region» stösst bei Andreas Büttiker, Direktor der Baselland Transport AG und Chef des Tarifverbunds Nordwestschweiz (TNW), auf starken Widerstand. Die Koordination zwischen den beiden wichtigsten Anbietern - BVB und BLT - sei heute schon durch eine paritätische Kommission sichergestellt. Auch für die Regio-S-Bahn gebe es ein entsprechendes Gremium der beteiligten Partnerkantone und Unternehmen.
    Für den Kanton Zürich mit seinen 44 Unternehmen des öffentlichen Verkehrs mache ein Verkehrsverbund als Koordinationsinstrument allenfalls Sinn, räumt Büttiker ein. In der Nordwestschweiz mit nur sieben beteiligten Unternehmen führe jedoch ein Verkehrsverbund «nur zu mehr Bürokratie».
    Und der Chef des grössten Baselbieter Verkehrsunternehmens fährt mit noch grösserem Geschütz auf. Ein Verkehrsverbund entspreche nicht dem Trend, der Verkehrsunternehmen zu mehr unternehmerischem Handeln führe. Denn die einzelnen Unternehmen würden so «zu besseren Fuhrhaltern» degradiert, die kein Interesse mehr an Eigeninitiativen hätten. Er, Büttiker, jedenfalls könne sich für sich eine solche Rolle nicht vorstellen. Doch selbst den Chef eines Nordwestschweizer Verkehrsverbundes würde Büttiker nicht beneiden. Das Verbundsmodell sei zu schwerfällig, während selbstständige Unternehmen rasch handeln könnten.
    In der Praxis des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) finden sich Büttikers Schreckensvisionen nicht, kontert ZVV-Sprecherin Beatrice Henes. Von «Fuhrhaltern» könne keine Rede sein: «Wir verkehren miteinander auf gleicher Augenhöhe.» Auch werde den beteiligten Transportunternehmen nicht die unternehmerische Freiheit genommen. Für die strategische Planung sei der ZVV verantwortlich, doch habe man acht Regionen geschaffen, die von acht marktverantwortlichen Verkehrsunternehmen geleitet werden. Diese sind eigenverantwortlich für Angebotsplanung, taktisches Marketing und Produktion zuständig. Auch habe man verschiedenen Unternehmen Teilbereiche für den gesamten Verkehrsverbund übertragen, beispielsweise den elektronischen Fahrplan.

    PLANUNG. Hauptvorteil eines Verkehrsverbundes ist laut Henes die Planung des Angebotes für das gesamte Verbundsgebiet. Das führe für die Kunden zu attraktiven Verkehrsverbindungen. Doch auch für die Politiker werde es einfacher - weil sie nur noch einen Ansprechpartner haben. Nicht zuletzt garantiere der Zürcher Verkehrsverbund auch einen einheitlichen Qualitätsstandard der beteiligten Verkehrsunternehmen, ergänzt Henes.

    Alles Argumente, welche die «Starke Region» ebenfalls ins Feld führt. Doch weil sie weiss, dass in der Nordwestschweiz kleinere Brötchen gebacken werden als in der Region Zürich, lässt sie ein Hintertürchen offen. In Form eines «Zwischenschritts»: Allenfalls solle geprüft werden, ob eine «Verkehrsgemeinschaft» als Vorstufe zu einem Verkehrsverbund zu schaffen sei.
    Doch auch Büttiker zeigt sich nicht ganz unversöhnlich. Er könne dem Vorstoss auch positive Seiten abgewinnen. Etwa wenn er eine Diskussion auslöse, welche die Schaffung eines Fonds für den öffentlichen Verkehr zum Ziel habe.

    Strafgebühren für SBB
    Neues System. Zur Verkehrsverbundsdebatte will sich der Baselbieter Baudirektor Jörg Krähenbühl noch nicht äussern. Als «Option» bezeichnet er dagegen ein Bonus-Malus-System für die S-Bahn. Wird es eingeführt, müssten die SBB für Verspätungen zahlen (vgl. Seite 1, Kommentar unten).

    Quelle: Basler Zeitung vom 09.07.07, Autor: Martin Brodbeck

    Fusion der Verkehrsbetriebe gefordert. Verkehrsmittel wie die Regio-S-Bahn fahren ständig über Kantonsgrenzen, also sollen auch die verschiedenen Unternehmen der Region zusammengelegt werden, wird verlangt. Foto Henry Muchenberger