Bombardier als Arbeitgeber

  • Wie Bombardier Jobs in Sachsen rettet

    Der Zug-Hersteller verlagert Arbeit von Görlitz nach Bautzen. Das hilft beiden Werken.

    Bautzen
    Volle Auftragsbücher in Görlitz, Flaute in Bautzen:
    Unterschiedlicher könnte die Lage in den beiden sächsischen Werken des Schienenfahrzeugbauers Bombardier Transportation kaum sein.
    Während in Görlitz etwa 2 000 Beschäftigte an mehreren Großaufträgen gleichzeitig arbeiten, müssen rund 1 200 Bautzener Waggonbauer durch eine Auftragsdelle.
    Ende 2014 kündigte das Unternehmen deshalb an, 125 Stellen zu streichen. „Diese Zahl überprüfen Betriebsrat und Geschäftsleitung ständig.
    Sie wird sofort nach unten korrigiert, wenn die Auslastung stimmt“, sagt Stephan Hennig, Ostsachsen-Bevollmächtigter der Industriegewerkschaft Metall.

    Jetzt haben die zuständigen Manager einen Weg gefunden, der beiden Werken hilft. Bis Ende dieses Jahres übernimmt Bautzen für das Görlitzer Werk den Innenausbau von acht Reisezügen.
    Rohbau und Außenlackierung erfolgen in Görlitz. Für den Bautzener Betriebsvorsitzenden Gerd Kaczmarek ist das der richtige Schritt: „Wir fangen in dieser Woche mit dem ersten Reisewagen an.
    So sichern wir 30 bis 50 Arbeitsplätze.“ Durch Altersteilzeit, Versetzungen innerhalb der einzelnen Arbeitsbereiche, freiwilliges Ausscheiden,
    Umschulungen und nun auch durch den Görlitzer Auftrag habe man in Bautzen Kündigungen vermeiden können.

    Die acht Reisezüge, deren Innenausbau jetzt in Bautzen erfolgt, sind Teil eines Großauftrages der Deutschen Bahn.
    Für die DB bauen die Görlitzer unter anderem 18 moderne Triebzüge, die ab 2016 im Großraum München rollen sollen.
    Außerdem entstehen in der Neißestadt 1 165 Wagen für eine neue Generation von DB-Intercity-Zügen. Für die Schweizerischen Bundesbahnen baut Görlitz insgesamt 62 komfortable Doppelstockzüge,
    die im Alpenland auch als Intercity rollen sollen.

    Die Bautzener arbeiten derzeit an Straßenbahnen für Verkehrsverbünde und -betriebe in Frankfurt am Main, Essen/Mühlheim, Gent/Antwerpen, Berlin und Basel.
    Etwa 100 Straßenbahnen verlassen jährlich den Betrieb, der im Verbund mit Wien innerhalb des kanadischen Bombardier-Konzerns die Kernkompetenz für den Bau von Straßen- und Stadtbahnen hat.

    Daran soll sich auch nichts ändern, wenn die Kanadier bis Ende dieses Jahres ihr Bahngeschäft an die Börse bringen.
    Allerdings will das Unternehmen nicht die gesamte Sparte an Anleger verkaufen, sondern weniger als 50 Prozent der Aktien. Mit den Erlösen will der Bombardier-Konzern seine schwächelnde Flugzeugproduktion ankurbeln.

    Vermutungen, der Konzern könne sich auf diese Weise schrittweise aus Deutschland zurückziehen, verwies Unternehmenssprecher Immo von Fallois ins Reich der Fantasie:
    „Es bestehen weder Pläne für eine Werksschließung in Görlitz und in Bautzen, noch für einen Rückzug aus Deutschland. Wir stehen zur Lausitz.“

    Ein solches Treuebekenntnis ist nicht selbstverständlich in einer Zeit, da sich die gesamte Branche in einem gewaltigen Umbruch befindet.
    Der Beweis für diesen Umbruch steht als Fußnote auf jeder Pressemitteilung von Bombardier. Noch 2014 hieß es da: „Bombardier Transportation ist weltweiter Marktführer in der Schienenverkehrstechnologie.“
    Mittlerweile steht dort: „Bombardier ist das weltweit größte Unternehmen, das sowohl Flugzeuge als auch Züge herstellt.

    Die Weltmarktführerschaft im Schienenfahrzeugbau musste Bombardier mittlerweile abgeben – nach China. Dort sind vor Kurzem zwei große Bahnhersteller zu einem riesengroßen fusioniert.
    CRRC, wie das neue chinesische Staatsunternehmen heißt, beschäftigt 170 000 Mitarbeiter.
    Zum Vergleich: In den Bombardier-Werken in Deutschland arbeiten insgesamt rund 9 000 Menschen, der Konkurrent Siemens beschäftigt in seiner Bahnsparte etwa 5 200 Personen.

    sz-online.de 11.08.2015