Die neue alte Führungsriege der BVB
Nach dem von Skandalen überschattendtem Jahr wollen Paul Blumenthal und Michael Bont wollen die BVB wieder auf Kurs bringen.
Fünf Monate sind vergangen, seit Paul Blumenthal das Präsidium des Verwaltungsrats der Basler Verkehrsbetriebe (BVB) Hals über Kopf übernommen hat. Im vergangenen Dezember kam für den ehemaligen Leiter Personenverkehr der SBB eine Hiobsbotschaft nach der anderen am BVB-Sitz am Claragraben an. Die Finanzkontrolle des Kantons überprüfte die BVB und kam dabei zu einem vernichtenden Urteil: Ungerechtfertigte Bezüge und illegale Auftragsvergaben kamen ans Tageslicht. Die Krise gipfelte darin, dass die BaZ Vorwürfe von Mitarbeiterinnen wegen sexueller Belästigung gegen den damaligen Direktor Jürg Baumgartner publik machte, der daraufhin von Blumenthal fristlos entlassen wurde.
Diese Woche hat die Vergangenheit die BVB wieder eingeholt: Pünktlich zur Jahresmedienkonferenz präsentierte das Unternehmen einen bis dahin streng vertraulichen Bericht einer Revisionfirma, die auf einen Auftrag des Verwaltungsrats hin sämtliche Vergaben mit einem Wert von über 100'000 Franken des Jahres 2013 untersuchte. Die Revisionsfirma kam in ihrem Bericht zu verheerenden Erkenntnissen, die Paul Blumenthal ernüchtert kommentierte: «Diese sind höchst unbefriedigend und veranlassen uns zu Massnahmen, die über jene hinausgehen, welche die BVB bereits an die Hand genommen haben.
Illegale Vergaben wegen Zeitdruck
Von insgesamt 110 überprüften Vergaben, die über dem Schwellenwert lagen, wurden mit 57 etwas mehr als die Hälfte ordentlich ausgeschrieben. Bei den übrigen 53 Vergaben wurde das kantonale Beschaffungsgesetz nicht beachtet – die Vergaben in der Höhe von 25,3 Millionen Franken waren illegal.
Die Frage der Verantwortung liess Paul Blumenthal an der Jahresmedienkonferenz offen. Klar sei, dass man diese Missstände aufarbeiten müsse, zugleich würden nicht einzelne Mitarbeiter diese Vergaben verantworten, sondern eine breite Schar von Mitarbeitern, die in die Beschaffungsprozesse involviert seien, so Blumenthal. Teilweise hätten Mitarbeiter die Aufträge wegen Dringlichkeit beinahe gesetzeswidrig vergeben müssen, argumentierte er: «Wir hätten Baustellen einstellen müssen, wenn man diese Vergaben nicht so gemacht hätte.» Mitarbeiter hätten schwierige Entscheide in der Abwägung zwischen der Aufrechterhaltung des Betriebs und der gesetzeskonformen Vergabe fällen müssen. Laut dem Verwaltungsratspräsidenten sei dieses Problem aber erkannt und man versuche es mit mehrjährigen Rahmenverträgen zu lösen, von denen bereits einige abgeschlossen wurden.
Argument zählt nicht für Dienstleistungsvergaben
Im Gegensatz zum Bereich Infrastruktur könne man bei Dienstleistungsvergaben hingegen nicht mit der Dringlichkeit argumentieren, hielt Paul Blumenthal fest: «Hier gibt es sehr viele Vergaben, die nahe beim Schwellenwert sind. Da diese in der Regel nicht betriebsnotwendig sind, müssen hier sofort Korrekturen erfolgen.»
Im Bereich der Dienstleistungsvergaben geht es insbesondere um Beratungsdienstleistungen im IT-Bereich, die ohne Submission vergeben wurden. Im vergangenen Dezember machte die BaZ öffentlich, dass Vizedirektor Franz Brunner im Zentrum dieser Vergaben in Millionenhöhe steht: Brunner und der Inhaber einer Informatik kannten sich aufgrund von geschäftlichen Tätigkeiten bei einem früheren Arbeitgeber, zudem sponserten von den BVB beauftragte Firmen ein Sportlager, das Brunner organisiert hatte. Dieser hat in der Zwischenzeit die Konsequenzen aus der Affäre gezogen und verlässt die BVB bis November dieses Jahres.
Welche Motive bei Vergaben?
Die Konzentration auf die beiden Bereiche Corporate Services von Franz Brunner und Infrastruktur von Michael Bont, derzeit Direktor ad interim, lassen aufhorchen: Welche Motive standen im Zentrum, als es um die illegalen Vergaben ging? Waren es die von Paul Blumenthal genannten hehren Motive, den Betrieb möglichst aufrechterhalten zu können? Oder waren es andere, wie etwa persönliche Vorteile aus den Auftragsvergaben zu ziehen? All diese Fragen prüft derzeit die Basler Staatsanwaltschaft, die in der Zwischenzeit ein Verfahren eingeleitet hat und sämtliche Verstösse bei den BVB der letzten zehn Jahre untersucht.
Paul Blumenthal wollte sich zur Frage, seit wann die Missstände im Submissionswesen der BVB bestehen, nicht auf die Äste hinauswagen: «Ich will niemanden in die Pfanne hauen, aber nach meiner Erfahrung kann man sich vorstellen, wie es in der Vergangenheit lief, wenn man eine Situation, wie die jetzige hat.» Damit dürfte Blumenthal wohl vor allem versuchen, sich selber in Schutz zu nehmen: Als langjähriger Verwaltungsrat schaute er nicht allzu genau hin, als es bei den BVB um Auftragsvergaben ging. Und auch Michael Bont ist noch nicht aus dem Schneider: Spätestens wenn der neue BVB-Direktor im Sommer Michael Bont heissen sollte, dürften die illegalen Vergaben im von ihm geleiteten Bereich Infrastruktur wieder zum Thema werden.
BaZ: http://bazonline.ch/basel/stadt/Di…/story/15170941 (30.05.2014)