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Mammutprojekt
Aktualisiert um 08:17 von Martina Rutschmann
Bei jeder dritten Basler Tramstation wird der Umbau kompliziert
Die Spalentor-Station ist unbefriedigend – und kommt allenfalls hierher an die Missionsstrasse oder in die Spalenvorstadt.
Quelle: Martin Töngi
Die Planungsarbeiten im Baudepartement für die Umgestaltung der
ÖV-Haltestellen sind im vollen Gang: Bis 2023 sollten alle
behindertengerecht umgebaut sein. Das stellt die kurvenreiche Tramstadt
Basel vor verkehrsplanerische Herausforderungen.
von Martina Rutschmann
Ist doch
einfach! Die Trottoirränder über die ganze Tramlänge auf die verlangten
27 Zentimeter erhöhen – und schon können Rollstuhlfahrer problemlos
einsteigen. Hat ja geklappt, an der Basler Hüningerstrasse etwa (Bild
unten) und neu beim Kirschgarten. Die dortige Elisabethenstrasse
erinnert seither an eine Schlucht – sie wird nicht allein bleiben. Wie
dort sollte es wenn möglich bald überall aussehen. So einfach, wie es
klingt, ist es aber nicht.
«Wir erwarten, dass 80 bis 90 Prozent der Haltestellen
optimal oder suboptimal umgesetzt werden», sagt Georg Mattmüller,
Geschäftsführer des Behindertenforums Region Basel. «Dass an einer
Station nichts geändert wird, sollte die Ausnahme sein.» So will es auch
das Behindertengleichstellungsgesetz. Bis im Jahr 2023 muss der
öffentliche Verkehr schweizweit für Behinderte autonom zugänglich sein.
Status: Es ist äusserst kompliziert
Von der Zeit her könnte es in Basel knapp werden, da die
Bauarbeiten möglichst mit Gleis- und Leitungsarbeiten zusammenfallen
sollen. Die Verantwortlichen im Baudepartment betonen aber, möglichst
viele Haltestellen so umrüsten zu wollen, dass Rollstuhlfahrer,
Gehbehinderte und Eltern mit Kinderwagen allein einsteigen können.
Obwohl das Gesetz einen gewissen Spielraum zuliesse, sei dies das Ziel.
«Denn wir sind überzeugt, dass die Umrüstung allen dient», sagt Adrienne
Hungerbühler vom Amt für Mobilität.
Bei der Bus- und Tramhaltestelle an der
Hüningerstrasse im St. Johann ist das Trottoir bereits 27 Zentimeter
statt wie herkömmliche Trottoirs 12 Zentimeter hoch.
Quelle: Martin Töngi
Doch längst nicht überall ist es möglich, einfach den
Randstein über die ganze Länge zu erhöhen. Da sind Kurven, die es
verunmöglichen oder zu steile Steigungen wie etwa an der 3er-Station am
Barfüsserplatz oder in der Wolfsschlucht auf dem Bruderholz. Selbst wenn
der Einstieg dort ebenerdig möglich wäre, könnte ein Rollstuhlfahrer
kaum allein zum Tram gelangen. Sobald die Planer sich um solche
Haltestellen kümmern müssen, wissen sie: Das wird knifflig – und teuer.
Die Umrüstung kostet nach groben Schätzungen zwischen 100 und 200
Millionen Franken.
Wobei die Kosten näher bei 200 Millionen liegen dürften: Von
den 283 Tramhaltestellen in Basel-Stadt liegen 38 Prozent in einer
Kurve. Mehr als ein Drittel der Umrüstungen wird also zur
Herausforderung. Wobei der Vollständigkeit halber erwähnt werden muss,
dass sich die Zahl 283 auf Teilhaltestellen bezieht. Der Aeschenplatz
beispielsweise ist eine aus sieben Teilhaltestellen bestehende
Haltestelle. Und jede wirft eigene Fragen und Probleme auf. Die
Situation beim 15er etwa – schwierig, weil zu kurz und «zerstückelt».
Klar ist bisher nur: Es wird anders
Eine besonders komplizierte Aufgabe steht den Planern am
Spalentor bevor. Die Station liegt in einer Kurve. Anderswo könnte man
die Haltestelle um ein paar Meter verschieben – das wäre zwar teuer,
doch das Problem wäre gelöst. Hier mangelt es aber an Platz. Dennoch:
«So, wie sich die Haltestelle jetzt präsentiert, kann sie nicht
bleiben», sagt Adrienne Hungerbühler. Ihr Team erstellt Vorstudien zu
den Stationen, die vom Planungsamt weiter bearbeitet werden und später
vom Parlament abgesegnet werden müssen.
Die Vorstudie zum Spalentor besagt: Eine Verlegung der
Station an die Missionsstrasse wäre eine Option. Klingt genial, ist aber
eben nicht so einfach. Beim Planungsamt ist man dabei, die Situation
genau zu prüfen. Bliebe genug Platz für alle Verkehrsteilnehmer? Wie
gross wäre der neue Abstand zu den Stationen vorher und nachher?
Bestünde die Gefahr, dass der Verkehr zusammenbricht? Was für eine Art
Haltestelle käme überhaupt infrage? Eine Insel- oder eine
Kaphaltestelle? Die Planer konzentrieren sich dabei nicht nur auf die
Variante Missionsstrasse, sondern untersuchen auch, was eine Verlegung
in die Spalenvorstadt bedeuten würde. Ob das eine weitere Option wäre
oder für die Missionsstrasse eine Lösung gefunden werden muss. Wobei
diese Tramhaltestelle eine von fast 300 Teilhaltestellen ist. Erst elf
davon sind bisher umgerüstet.
(bz Basel)