Die Basler und ihr Drämmli, das ist eine Liebesbeziehung.
Deswegen sagen wir unserem Tram nämlich Drämmli, und nicht Tram.
Und weil wir den Zoologischen Garten lieben, ist das der Zolli, und nicht der Zoo.
Und wie es in der Liebe so läuft, finden wir unsere Drämmli die besten und unseren Zolli
den schönsten, ob das nun, bei Lichte betrachtet, stimmt oder nicht.
Bei der Liebsten zuhause spielt es ja auch keine Rolle, dass die
Nachbarin, diese Gäggsnase, blondere Haare und längere Beine hat.
Ja, die Basler sind sentimental, hinter ihrer sarkastischen Larve.
Ein Basler Kind wächst mit dem Drämmler und der Drämmlere
auf. Bewundert durch die blaue Glasscheiben, wie er oder sie mit einem
Joy-Stick ähnlichen Ding die Wagen steuert, einen konzentrierten Blick
erst in den Rückspiegel, dann nochmals auf die Strasse wirft vor der
Wegfahrt, klingelt, bremst. Ältere Semester freuen sich an den Unikümern
aller Art im Führerstand. Diese schmettern Arien, sagen die
Haltestellen mit Humor oder Griesgram an, den Zweier fährt zuweilen der
Apotheker von der Schifflände, einer trägt einen Vollbart, der andere
zwirbelt seinen Schnauz, und eine ist tätowiert. Und manche stellen den
FCB-Match auf Radio Basilisk durch und die Fahrgäste spitzen die Ohren.
Wir kennen sie, unsere Drämmler und Drämmlere und lieben sie, unsere Drämmli.
Diese Liebe gerät allerdings zunehmend in Schieflage. Zum Beispiel wird nun professionell Marketing
gemacht. Seifenglatt tönen die Ansagen durch die Lautsprecher, im
Zweier gen Messe gar weltmännisch auf Englisch. Das würde in der Pariser
Metro keinem einfallen. Zudem: Marketing wozu eigentlich? Habe ich denn
eine Wahl? Will ich vom "Bankverein" ins "Neubad", rollt konkurrenzlos
der Achter über die Schiene, und den betreiben die Basler
Verkehrsbetriebe, genannt BVB, und keiner sonst. Mit oder ohne
Marketing, die BVB haben das Monopol, und somit ist jede Werbung
zwecklos, eigentlich.
"Die beste Reklame sind kurze Wartezeiten,
Sauberkeit und Sitzplätze. Fertig."
Dass die da nun ihr Marketing aufblasen, wie wenn sie
Coca-Cola verkaufen müssten, könnte mir ja so lang wie breit sein. Bloss
ärgert es mich, dass so viel Geld in die Werbeetage und das ganze
Brimborium gesteckt wird, anstatt in den Service. Mein Entscheid für
oder gegen Drämmli ist an simple Kriterien gebunden: Fährt es
dann, wenn ich es brauche? Ist es sauber? Habe ich einen Sitzplatz oder
steht mir Hinz und Kunz auf den Füssen rum und hustet mich an? Drei
Kriterien, ganz einfach. Die beste Reklame, liebe BVB, sind kurze
Wartezeiten, Sauberkeit und Sitzplätze. Fertig.
Ob die Drämmlere und Drämmler
nun schwarze, blaue oder getupfte Uniformen haben, ist mir restlos
egal; viel wichtiger ist mir ihr Humor, ihre Hilfsbereitschaft, und dass
sie gerne in ihrem Führerstand sitzen. Sollen sie doch Radio hören, das
mache ich unterwegs auch. Und kurze Hosen im Sommer tragen. Ihren
Führerstand ein wenig nach ihrem Gusto einrichten. Sind sie glücklich,
sind wir Fahrgäste es auch. Und warten sie, wenn wir noch rasch
angerannt kommen, lieben wir sie.
Es ist völlig nutzlos mit Wettbewerben, Flyern, Aktionen aller Art die Vorzüge der
Basler Verkehrsbetriebe anpreisen zu wollen. Wir Basler nehmen das Drämmli einzig und alleine dann,
wenn es die beste Alternative ist, und das ist es nur, wenn die Leistung stimmt.
Keine sauglatte Action irgendwelcher Art kompensiert lange Wartezeiten, überfüllte Wagen, schmutzige Scheiben und gruusige Sitze.
An jeder Endstation eine Putzequipe, höhere Fahrfrequenzen, vor allem auch abends.
Stellt Drämmler und Drämmlere ein, statt Marketingleute, dann bleiben Auto und Velo zugunsten unseres Drämmli zuhause.
Und einigt Euch doch bitte mit der BLT, alles andere ist unsäglich daneben.
Die BLT, das ist für uns Baslerinnen und Basler s gääli Drämmli.
Und das lieben wir ebenso. Was Ihr da macht, fühlt sich für uns so an,
wie wenn sich die eigenen Kinder gegenseitig verdreschen würden. Diese
Querelen sind stillos, so verhalten wir uns traditionellerweise nicht
gegenüber Baselbieter Institutionen.
Ich glaube
fast, die Oberen der BVB haben ein Verständnisproblem. Das Verständnis
für die Region, das fehlt. Da mischen sich Dritte in unsere
Liebesbeziehung ein, und das geht nie gut. Wir brauchen, scheint's, eine
Paartherapie, wir Basler und unser Drämmli.
Kolumne von Andrea Strahm
Online Reports 02.09.2013