In Basel gehören die alten Drämmli zum Stadtbild wie das Basler Münster. Der Entscheid der damaligen BVB-Direktion Mitte der Achtzigerjahre, die alten Zweiachstramwagen, die Dante Schuggi und auch die Sommerdrämmli als historisches Erbe in funktionstüchtigem Zustand zu erhalten, erwies sich als goldrichtig. Das Mieten der historischen Fahrzeuge für Fahrten aller Art ist sehr beliebt. Viele Menschen haben sich seither in unbezahlter Freiwilligenarbeit für dieses Ziel engagiert.
Betrüblich ist in diesem Zusammenhang zu vernehmen, dass die BVB vor ein paar Monaten vorsätzlich und bewusst einen beachtlichen Teil des bis heute vorgehaltenen und gepflegten Ersatzmaterials, das für die Funktionstüchtigkeit dieser Fahrzeuge notwendig ist, in einer Blitzaktion verschrottet hatten. Gemäss Augenzeugen wurde alles Material in zwei grosse Mulden geworfen und am gleichen Tag abgeführt, damit ja niemand noch was retten konnte. So wurden unter anderem frisch revidierte Fahrmotoren und Heizkörper weggeworfen. Interessierten Kreisen, wie dem Tramclub, wurde das Material nicht angeboten.
Vor Jahren hatte die BVB Direktion beschlossen, dass von jeder Fahrzeuggeneration ein Exemplar fahrtüchtig erhalten wird. Dazu gehören auch ein luftgefedertes 4-Achs-Schindlertram (Gummikuh, Be 4/4 457) und zwei Düwag-Trams (Be 4/6 627 und 628). Diese Fahrzeuge stehen seit einem Jahr nicht-betriebsfähig im Depot Dreispitz und können weder gemietet noch anlässlich der beliebten Betriebstage des Tramclubs eingesetzt werden. Sie werden anscheinend nicht mehr unterhalten. Auch für diese drei Fahrzeuge wurden kaum Ersatzteile zurückbehalten. Dies ist im Falle der Düwag-Trams besonders schade, hatten doch diese unverwechselbaren Fahrzeuge zwischen 1968 und 2002, als bisher grösste Tramserie der BVB (56 Fahrzeuge), das Stadtbild von Basel wesentlich mitgeprägt.
Mit der aktuellen Trambeschaffung (Flexity) werden weitere ältere Trams ausgemustert und nur ein kleiner Bestand an Vierachswagen (Cornichons und Niederflur-Anhängerwagen) wird als Reserve behalten. Diese Reservetrams werden zudem umgebaut damit sie auf dem Tramnetz weiterhin an den behindertengerechten Haltestellen anhalten können. Gemäss Ratschlag Nr. 16.1474.01 sollen nun nicht alle vorgesehenen Trams umgebaut werden. Dem Vernehmen nach soll der Reservebestand nochmals verkleinert werden. Seit jeher leiden die BVB an einem zu geringen Rollmaterialbestand. Das zeigte sich beim Grounding der Combinos oder bei Grossanlässen, wie der Euro 08. Es ist unverständlich, dass hieraus keine Lehren gezogen wurden.
Das gleiche Debakel zeichnete sich beinahe auch bei den Gelenkbussen ab. Mit der neuesten Busbeschaffung wurden alte Busse überflüssig. Derzeit stehen fünf funktionstüchtige Gelenkbusse im Dreispitz. Erst im letzten Moment konnte verhindert werden, dass diese Altwarenhändlern verkauft wurden. Die Folge wäre gewesen, dass bei Grossbaustellen (Erneuerung Linie 2, Gleissanierung Allschwil und der Sperrung der Rosentalanlage) oder Grossveranstaltungen zu wenig Fahrzeuge vorhanden wären und Kapazitäten teuer zugemietet werden müssten. Vor Jahren mussten aus Freiburg i. Br. vier alte Busse kurzfristig dazu gekauft werden, um den Fahrplan aufrecht zu erhalten.
Ich bitte deshalb die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:
- Hat die Regierung Kenntnis, dass die BVB einen grossen Teil des Ersatzmaterials, das für die weitere Fahrtüchtigkeit der historischen Fahrzeuge notwendig ist, aus Spargründen entsorgt hatten?
- De Jure gehört dieses Material wohl der ausgelagerten BVB. De Facto wurden diese Trams jedoch mit Steuergeldern gekauft. Geht die Regierung mit dem Interpellanten einig, dass die Fahrzeuge – zumindest ideell – auch Eigentum der Allgemeinheit sind und zum historischen Erbe der Stadt Basel gehören?
- Welche Strategie verfolgen Regierung und BVB bezüglich der betriebsfähigen Erhaltung des historischen Rollmaterials?
- Kann die Regierung über den Leistungsauftrag sicherstellen, dass das historische Erbe der Basler Verkehrsbetriebe fahrtüchtig erhalten bleibt und gemietet werden kann, weiterhin bei öffentlichen Anlässen, wie beispielsweise dem kantonalen Denkmaltag, zum Einsatz kommt und sich Jung und Alt daran erfreuen kann ?
- Werden die verantwortlichen Personen, die mutmasslich historisches Erbe der Stadt Basel vernichtetet haben, zur Rechenschaft gezogen?
- Werden die Trams der Sechzigerjahre (Schindlertram, Düwag), wie versprochen, betriebstüchtig erhalten und können diese in Zukunft für historische Fahrten gemietet, respektive eingesetzt werden?
- Kann die Regierung sicherstellen, dass die BVB jederzeit über genügend Reserverollmaterial verfügen, damit es bei einem Grounding, bei Grossveranstaltungen oder den zahlreichen anstehenden Baustellen nicht zu Kapazitätsengpässen kommt?
- Kann die Regierung sicherstellen, dass in Basel weiterhin die aus der Vergangenheit gewohnte Flexibilität besteht, bei den BVB – auch kurzfristig – sowohl im Tram- wie auch im Busbereich Zusatzleistungen, wie beispielsweise eine weitere Verdichtung der Buslinie 30, zu bestellen?
- Kann die Regierung sicherstellen, dass im Bussektor genügend Reservebusse behalten werden, damit bei Betriebsunterbrüchen, Grossbaustellen oder Grossanlässen nicht teure Busse dazugemietet werden müssen?
- Ist die Regierung bereit, den Grossen Rat über den Umfang und den Inhalt des Sparauftrages an die BVB zu informieren, insbesondere wie viele Mittel in welchen Bereichen bis wann eingespart werden müssen und welchen Einfluss dies auf den durch die BVB angebotenen Service Public hat?
Jörg Vitelli (Link für Verfolgung Geschäft)
Quelle: grosserrat.bs.ch