Tarifsystem im Dreiland / grenzüberschreitende ÖV-Tarife

  • Warum das Tarifsystem im Dreiland so kompliziert ist

    Im grenzüberschreitenden Verkehr gelten nicht auf allen Linien dieselben Regeln.
    Mit einigen darf man mit dem U-Abo nach Deutschland fahren, mit anderen nicht.

    Ab dem 11. Dezember 2016 zählen GA, Halbtax und Schweizer Tageskarten auf dem deutschen Abschnitt der Tramlinie 8 nicht mehr, das U-Abo hingegen schon.
    Die BVB wollen mit dieser Massnahme Kosten einsparen und für «Fahrgäste im Dreiland eine einheitlichere und transparentere Regelung» anstreben.

    SP-Grossrat Jörg Vitelli, der sich vor zwei Jahren für die Gültigkeit von GA und Halbtax auf der Tramlinie 8 nach Weil am Rhein eingesetzt hatte,
    ist enttäuscht über diesen Schritt:
    «Ein Zurück in die Tarifsteinzeit bei Tram und Bus ist nicht akzeptabel», teilt er mit.
    Nur «einfache und für alle nachvollziehbare Tariflösungen» würden den öV attraktiv machen.
    Vorschriften, bei denen die Passagiere zuerst das Tarifreglement studieren müssten, seien kontraproduktiv.

    Das heutige Tarifsystem im Dreiland ist in der Tat unübersichtlich:

    Das U-Abo zählt zwar für die Traminie 8 nach Weil am Rhein, aber nicht für die Buslinie 38 der BVB nach Grenzach.
    «Das U-Abo ist auf der Linie 38 nur bis zur Landesgrenze gültig.
    Gleichzeitig ist auch das deutsche Abo Regiocard nur bis zur Schweizer Landesgrenze gültig», sagt Adrian Brodbeck, Geschäftsführer des Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW).

    Obwohl die SBB mit ihren Flirt-Zügen vom Basler Bahnhof SBB nach Lörrach oder Weil fahren, gilt hier weder das GA noch das Halbtaxabo.
    Auch das U-Abo ist auf dieser Strecke ungültig.

    Für die Buslinie nach Saint Louis gilt das U-Abo nicht.
    Der Grund:
    «Der Bus nach Saint Louis hat heute eine Sonderstellung und fährt mit einem französischen Tarif bis an die Schifflände», sagt Brodbeck.
    Gleichzeitig dürften aber keine Binnentransporte in der Schweiz durchgeführt werden.

    Verbesserungen – aber keine Vereinheitlichung Wieso gibt es derart unterschiedliche Regelungen?

    Gemäss Adrian Brodbeck ist die Landesgrenze grundsätzlich auch die Grenze eines Verbunds,
    so beispielsweise zwischen dem TNW und dem Regionalverbund Lörrach (RVL).
    «Der Kunde kauft einen Fahrausweis für den Transport innerhalb eines Verbundgebiets
    und nicht für den Transport auf einer spezifischen Bus- oder Tramlinie, auch wenn diese ins grenznahe Ausland fährt.»

    Denn wenn ein Verbund eine weitere Gültigkeit seines Fahrausweises in einem ausländischen Verbund wünsche,
    verursache das diesem Einnahmenausfälle und er stelle Entschädigungsforderungen an den ausgebenden Verbund.

    Brodbeck ist sich bewusst, dass das heutige System komplex ist:

    «Über die Jahre wurden verschiedene Verbesserungen erzielt im Bereich der grenzüberschreitenden Angebote durch gegenseitige Anerkennung von Fahrausweisen.
    Beispielsweise können Besitzer einer deutschen Regiocard bis Claraplatz auf der Linie 55 fahren,
    als Gegenleistung kann der U-Abo-Besitzer bis Weil am Rhein auf der Linie 8 fahren.»

    Derzeit wird geprüft, ob das U-Abo auch für die sich im Bau befindende Tramlinie 3 nach Saint Louis gelten wird.
    Sollte dies bei der Eröffnung Ende 2017 nicht der Fall sein, wäre das Chaos im Tarifsystem perfekt:
    Dann wäre das U-Abo nicht mal mehr bei allen grenzüberschreitenden Tramlinien gültig.

    Tages Woche 15.07.2016

  • Der Grosse Rat hat an seiner Sitzung vom 09.11.2016 die nachfolgende Motion von Jörg Vitelli und Konsorten mit 67 Ja, 11 Nein und 5 Enthaltungen an die Regierung überwiesen:

    In unserem Dreiland Deutschland - Frankreich - Schweiz sind die grenzüberschreitenden Tarife des öffentlichen Verkehrs seit Jahren ein Dauerthema. Verschiedenste Vorstösse im Grossen Rat haben die Vereinfachung der Tarife zum Inhalt. Ausser der Anerkennung des U-Abos und des GA auf der neuen Tramlinie 8 (genannt Tram 8 grenzenlos) gibt es von der Schweiz aus keine Anerkennung von Abos im benachbarten Ausland.

    Von Deutschland her anerkennt der Regioverkehrsverbund Lörrach (RVL) die RegioCard für die Zone 3 oder Netz auf der Buslinie 55 bis zum Claraplatz. Diese ersten Ansätze von gegenseitiger Anerkennung der Fahrausweise über die Grenzen gaben Hoffnung, dass die Vereinfachungen im grenzüberschreitenden Verkehr weiterentwickelt werden. Die jüngst bekannt gewordene Absicht, das GA auf der Tramlinie 8 grenzüberschreitend abzuerkennen, ist ein herber Rückschritt. Er wird von den Benützern des öV nicht verstanden. Die Attraktivität des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs hängt nicht nur von der Infrastruktur ab, sondern im wesentlichen auch von der Einfachheit wie Billette gelöst werden können und wo Abonnemente ihre Gültigkeit haben.

    In Anbetracht, dass die Tramlinie 3 bald in Betrieb geht und Basel-Stadt die Abgeltung der ungedeckten Kosten der Buslinie 38 nach Grenzach-Wyhlen bis zur Sparkasse Grenzach zahlt, ist eine einheitliche Regelung für Benützerinnen des öV aus der Schweiz naheliegend.

    Die Unterzeichnenden beauftragen den Regierungsrat folgende tarifliche Massnahmen im grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehr zu treffen:
    − Das U-Abo soll auf allen grenzüberschreitenden BVB-Linien, namentlich Tram 3 und 8 sowie Buslinie 38 anerkannt werden.
    − Nationale Fahrausweise die im TNW-Gebiet Gültigkeit haben, sollen auch dort gelten wo das U-Abo grenzüberschreitend anerkannt wird.
    − Die Aberkennnung des GA und gleichwertiger nationaler Fahrausweise auf der Tramlinie 8 ist solange zu sistieren bis auf allen grenzüberschreitenden BVB-Linien eine einheitliche Lösung umgesetzt werden kann.
    − Punkt eins und zwei sollen bis zur Inbetriebnahme der Tramlinie 3 nach St. Louis umgesetzt werden.

    Quelle: Grosser Rat BS

  • Nur noch ein Billett: Kleine Tarif-Harmonisierung über die Basler Grenze

    Für Einzelfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln über die Grenze nach Deutschland braucht man im Raum Basel bald nur noch ein Billett. Die beiden Tarifverbünde RVL und TNW haben sich darauf geeinigt, das Tarifsystem per Juni 2018 zu überarbeiten.

    Heute braucht man für ÖV-Einzelfahrten über die Grenze jeweils ein eigenes Billett für den Schweizer und den deutschen Streckenabschnitt. Zudem ist der Preis für die gleiche Strecke oft unterschiedlich, je nach Ausstellungsland. Dieses Kunden-Ärgernis liegt an unterschiedlichen Verbunds-Trägerschaften samt Tarifen und Wechselkursen.

    Nun haben sich der Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW) und der Regio Verkehrsverbund Lörrach (RVL) zusammengerauft, um grenzüberschreitende Einzelfahrten zu vereinfachen und die Preise zu harmonisieren, wie sie am Dienstag mitteilten. Künftig gelte dabei für Hin- und Rückfahrt auf der gleichen Strecke auch derselbe Preis.

    Neben Einzelfahrt-Tarifen für Erwachsene, Kinder sowie Erstklass-Fahrten soll es auch einen Spezialtarif für Inhaber eines Schweizer Halbtax-Abos geben. Dieser berücksichtige anteilsmässig die Abo-Ermässigung im Billettpreis. Für Fahrten von und nach Frankreich ändert sich derweil nichts, wie es weiter hiess.

    RVL und TNW anerkennen seit 2005 gegenseitig Einzelbillette und Mehrfahrtenkarten bei grenzüberschreitenden Fahrten, indes in einem beschränkten Gebiet. Seit 2010 fahren sie mit französischen Partnern unter dem Label "triregio" mit einer trinationalen Fahrplanauskunft und gemeinsamen Tarifangeboten, insbesondere Monats- und Tageskarten.

    Quelle: BZ Basel, 21.11.2017