Zuerst mal: Ich bin in Reinach aufgewachsen und bin Baselbieter. Dennoch bin ich in der Lage zu erkennen, dass der Tramnetzentwurf eine ausserordentliche Benachteiligung der Stadtquartiere darstellt.
Auf was du gar nicht eingehst ist, warum die Achse Reinach - Basel mit zwei Tramlinien durch die Innenstadt bedient werden muss. Ich weiss ehrlich gesagt auch nicht, woher diese unbedingt und unhinterfragbar scheinende Prämisse herkommt. Ich finde dies einen absolut zentralen Fehler des gesamten Tramnetzentwurfs. Ich sehe keinerlei Rechtfertigung dafür, dass diese all 3,75' fahrende Verbindung sehr(!) grosse Teile der städtischen Bevölkerung von der Innenstadt abschneiden muss.
Auch gehst du von einer weiteren fundamentalen Fehlannahme aus, nämlich dass die Steigungen der Basler Topographie für Fussgänger keine Rolle spielen: Der Bankverein ist keine Haltestelle, die die Altstadt fussgängerfreundlich erschliessen würde! Auch die Länge der Fusswege unterschätzt du: Während auf der Achse durch die Altstadt praktisch sämtliche Punkte mit kurzen Gehdistanzen erreichbar sind, führt eine via Theater - Bankverein führende Linien zwingend zu signifikant längeren Fusswegen. Wer regelmässig den 10er benutzt kennt das: Am Theater angekommen, fährt gerade kein 6er oder 16er. Also läuft man zum Barfi, um dort eine andere Tramlinie zu erreichen. Aus der Altstadt kommend muss man entweder auf (gerade in Spitzenzeiten unberechenbare) Umsteigeverbindungen hoffen, oder dann ist der Weg zum Theater einfach spürbar länger, zum Bankverein noch dazu mühsamer.
Wenn du dazu sagst, es handle sich um keine langen Distanzen, ignorierst du die Heterogenität der Massen - wo bei einem nicht zu unterschätzenden Teil der Leute schon diese Distanzen als unattraktiv oder gar beschwerlich angesehen werden. Das führt zwangsläufig zu einer Schwächung der Attraktivität des ÖV - etwas, woran gerade in Basel der ÖV auch so schon leidet!
Das Bruderholz ist diesbezüglich besonders sensitiv: Dort wohnt bekanntlich nicht unbedingt der jugendliche Teil der Kantonsbevölkerung. Diese Menschen reagieren besonders sensitiv auf längere Distanzen. Ausserdem beachtest du bloss die Abschnitte, die heute vom 15er bedient werden, nicht diejenigen des 16ers; mit entsprechender Fahrzeitverlängerung können zusätzlich auch die Anwohner des 15ers via 16er sehr bequem direkt in das Herz von Basel fahren. Mit der neuen Linienführung mit ausschliesslich dem 15er verschlechtert sich die Anbindung des Bruderholz also viel massiver als du es beschönigend darstellst!
Schliesslich: Du stellst es so dar, wie als ob ich unmögliches verlangen würde. Dabei ist dieses "Unmögliche" in Tat und Wahrheit einfach der Status-Quo! Heute haben wesentlich mehr Menschen direkten Zugang in die Altstadt.
Das Tramnetz könnte auf dieser Basis sehr wohl so umgestaltet werden, dass die Anzahl Direktverbindungen in die Altstadt nicht leiden würde, gleichzeitig die Anzahl Verbindungen zum Bf. SBB gesteigert würde. Die IGÖV hat dazu ausführliche Beispiele präsentiert.
Persönlich würde ich bei der Prämisse betr. Achse Reinach - Basel anfangen. Den betreffenden Ortschaften wäre sowieso besser gedient, wenn es mit dem 11er weiterhin eine Verbindung in die Altstadt gäbe - und zusätzlich eine zweite Verbindung, die über eine der anderen Achsen (sei es Petersgraben, sei es Wettsteinbrücke) zusätzliche Gebiete direkt erschliessen würde. Gerade als ehemaliger Reinacher würde ich dies sowieso als wesentlich vorteilhafter ansehen.