Im Elsässer Bus sind keine Fahrten innerhalb Basels erlaubt

  • Ein Elsässer Bus bedient Basler Haltestellen. Diese dürfen aber in
    Richtung Schifflände nur zum Aussteigen von Fahrgästen aus Frankreich
    benutzt werden und in der anderen Richtung nur zum Einsteigen von
    Personen, die ins Elsass wollen.

    Etliche Jahre hat das immer gut geklappt.
    Stand gerade kein 11er-Tram bereit, ist die Basler
    öV-Nutzerin mit ihrem U-Abo und später dem GA an der Schifflände in den
    blauen Distribus eingestiegen, um am Voltaplatz wieder auszusteigen.
    Während der fünf oder sechs Jahre, die sie das machte, funktionierte das
    auch in die andere Richtung.

    Nun aber ist Schluss damit.

    Als sie vor einigen Tagen wie gewohnt der Bus-Chauffeuse ihr GA
    zeigte, winkte diese ab. Sie habe neuerdings «die Weisung», nur noch
    Fahrgäste ins Elsass mitzunehmen, aber nicht innerhalb von Basel.

    Beim Chauffeur einsteigen

    In den elsässischen Distribus muss man vorne beim Fahrer einsteigen
    und diesem sein Abo oder Billett zeigen, kann das Ticket dort auch
    kaufen. Die Linien 603, 604 und 607 fahren von der Schifflände nach
    Kembs, Saint-Louis oder über Huningue nach Village-Neuf. In Basel
    bedienen sie die Haltestellen Kinder-/Frauenspital, Voltaplatz,
    Hüningerstrasse und Saint-Louis Grenze.

    Laut Hubert Vaxelaire, beim südelsässischen Zweckverband Communauté
    de Communes des Trois Frontières (CC3F) für öV zuständig, dürfen diese
    Basler Haltestellen allerdings in Richtung Schifflände nur zum
    Aussteigen von Fahrgästen aus Frankreich benutzt werden und in der
    anderen Richtung nur zum Einsteigen von Personen, die ins Elsass wollen.

    Kurz gesagt: «Seit Bestehen der grenzübergreifenden Linien war der
    schweizinterne Verkehr nicht erlaubt.» Laut Vaxelaire ist dies auch in
    einem Abkommen zwischen den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB), dem
    Betreiber der Elsässer Busse Métrocars und dem CC3F so geregelt.

    Schweizer verlangen mehr Strenge

    Vaxelaire schreibt in seinem Mail an die bz allerdings auch: «Diese
    Regelung ist in der Vergangenheit mehr oder weniger eingehalten worden.
    Dabei waltete eine gewisse Toleranz.» Seit einiger Zeit hätten BVB und
    TNW allerdings eine strengere Anwendung der Regelung verlangt.

    BVB-Mediensprecherin Dagmar Jenny bestätigt, dass die elsässischen
    Buslinien auf Schweizer Gebiet dem grenzüberschreitenden Verkehr
    vorbehalten bleiben und auch so konzipiert wurden. Sie dürfen also keine
    Fahrgäste im Binnenverkehr befördern - es gilt das sogenannte
    «Kabotage-Verbot».

    Jenny argumentiert: «Der Abschnitt Saint-Louis Grenze - Schifflände
    ist durch die BLT-Linie mit einem 7,5 Minuten-Takt bereits bestens
    erschlossen.« Ausserdem habe Distribus kein Interesse daran, dem TNW
    beizutreten. Die Mediensprecherin führt das darauf zurück, dass im
    Distribus derzeit ein Einheitstarif von 1,30 Euro gilt. «Nach einer
    Integration in den TNW würde demnach der Fahrpreis im
    grenzüberschreitenden Verkehr massiv ansteigen», ist Jenny überzeugt.

    Letztlich steckt hinter dem Kabotage-Verbot auch eine
    Zollproblematik. «Wenn ausländische Busse innerhalb von Basel Fahrgäste
    transportieren, muss das betreffende Transportunternehmen dafür
    Schweizerische Mehrwertsteuer zahlen», berichtet Jenny. So fallen für
    die 55er-Buslinie nach Weil-Haltingen jährlich einige Tausend Franken
    Mehrwertsteuer an. «Die BVB übernehmen das, weil durch diese Buslinie im
    Raum Zoll Otterbach mit dem Empfangszentrum für Asylbewerbende ein
    Gebiet für den öV erschlossen wird, das es sonst nicht ist», betont
    Jenny.

    Quer in der Landschaft

    Nichtsdestotrotz steht die Durchsetzung des Kabotage-Verbots in den
    Elsässer Bussen zu einem Zeitpunkt quer in der Landschaft, in der neben
    der Gültigkeit des U-Abos auch die von Halbtax und GA in der
    8er-Tramverlängerung nach Weil am Rhein diskutiert wird. Jenny
    verspricht aber, die BVB werde die Entwicklung im Auge behalten.

    bz (Basel) 7.6.2014

  • Wenn man von der Schifflände an die St-Louis Grenze will, ist es also günstiger den 604 bis zur ersten Station nach der Grenze zu nehmen und 100 Meter zurückzulaufen als den 11er zu nehmen.

    Wenn die Beförderung innerhalb der Schweiz nie erlaubt war, warum hatte es dann (zumindest früher, weiss nicht, wie es jetzt ist), am Voltaplatz und an der Haltestelle die momentan gerade Kinderspital heisst auch in Richtung Schifflände ganz normale Haltestellenschilder und Fahrplantafeln?

    Zumindest während dem der 11er an den Bahnhof St. Johann umgeleitet wird, könnte man doch für Reisende von/nach Hüningerstrasse und St. Louis Grenze eine pragmatische Ausnahme machen.

    Einmal editiert, zuletzt von Baragge (8. Juni 2014 um 09:17)

  • Was für eine doofe Sache.
    Bisher hatte ich auch keine Probleme.
    Ja da fragt man sich schön, für was es die Pläne gibt.
    Wohl damit man nachschauen kann, wann man nicht fahren darf...

  • Fragt sich, ob man sich daran halten soll. Dieses Abkommen ist für mich ein Fall einer "Vereinbarung zu Lasten Dritter" und als solche eigentlich nicht zulässig. Denn wer konnte da mitreden? Demokratische Mitsprache vermutlich Fehlanzeige.

  • Wenn es politisch so weitergeht wie in letzter Zeit bei der regionalen Zusammenarbeit und bei den ÖV- und anderen Volksentscheiden in der Schweiz und der Bürokratie in Frankreich, muss man in ein paar Jahren wieder an der Grenze aussteigen und zu Fuss durch den Zoll laufen und ein neues Billet lösen X(

  • Eine ähnliche Bestimmung gab es früher mit der Bahn nach Lörrach in "Riehen bei Basel". Der Bahnhof durfte nur von und nach Deutschland benutzt werden. Dies war aber vorallem zolltechnisch bedingt.
    Diese Bestimmung gehör ins letzte Jahrhundert.
    Mich würde interessieren, was die MetroCars bezahlen für das Aufstellen und Pflegen "ihrer" Haltestellentafeln sowieentsprechenden Beschilderungen bei Umleitungen wie Fasnacht oder Baustellen.

  • Etwa kurz vor der Jahrtausendwende wohnte ich in der Nähe des Voltaplatzes. Wenn der 11er gerade abfuhr und ein 604 kam, nahm ich gerne auch diesen. Meistens problemlos (mit U-Abo), manchmal murrten die Chauffeure etwas. Darauf fragte ich mal bei den BVB an, und die antworteten, dass man diese Strecke problemlos mit schweizer Tarifen benutzen darf und dass sie die Métro-Cars darauf hinweisen wollen. Darauf hin gab es auch kaum mehr Probleme. Leider habe ich den entsprechenden Mail-Verkehr nicht mehr.

    Von dem her ist es wirklich komisch, dass es jetzt plötzlich heisst, dass das sei seit Anfang an, also seit etwa Mitte-Ende Achtzigerjahre, gar nie erlaubt gewesen, obwohl die Haltestellen während etwa 20 Jahren ganz normal beschrifetet waren.

    Was ist eigentlich mit der SWEG nach Weilerweg, Im Schlipf und Inzlinger Grenze? Gibt es dort spezielle Vereinbarungen wie für Otterbach oder gibt es dort ähnliche jahrzehntealte Unklarheiten? Schliesslich gehören die SWEG auch nicht zum TNW und haben wohl keine schweizer MWST-Nummer. Ein weiterer Spezialfall wäre der SBG-Bus in beiden Rheinfelden und die Busbetriebe Olten nach Langenbruck, sofern es da keine spezielle Vereinbarungen gibt ...

    Einmal editiert, zuletzt von Baragge (8. Juni 2014 um 22:19) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Der Heimatschutz treibt immer mehr und immer seltsamere Blüten. Anstatt den ÖV als integriertes System zu verstehen und entsprechende - möglichst einfache und nicht noch von irgendwelchen Steuern und Abgaben belastete - Verfahren zu entwickeln, greift man auf Methoden des letzten Jahrhunderts zurück. (Im vorletzten Jahrhundert war es vermutlich einfacher ...). Am Ende steigt man wirklich wieder an der Grenze aus und löst nach 100 Metern Fussmarsch ein neues Ticket... Vor allem seltsam, dass jetzt im bürokratischen Eifer zurückgekrebst wird, nachdem die Kabotage auf diesen Strecken bisher über Jahre kein Problem war. So wird das Verbot der Kabotage zur Sabotage am ÖV!

  • Interessant ist auch die BVB-Linienstatistik von 2011. Hier sind 603 und 604 als normale (BVB-)Buslinien aufgeführt mit dem Vermerk "wird durch Métro-cars s.a. im auftrag der BVB gefahren. hier sind nur die daten auf schweizer gebiet berücksichtigt." Ich meine mich auch noch schwach erinnern zu können, dass ganz zu Beginn der 604-Verlängerung an die Schifflände in den 80er-Jahren zusätzlich ein BVB-Schild an den Bussen angebracht war. Und als die Hüningerstrasse noch offen war, wurde mal zwischen der Haltestelle Hüningerstrasse und der Grenze eine Haltestelle "Novartis Porte 10" errichtet und explizit auch für die Verbindung von und nach der Innerstadt beworben.

    Das spricht wirklich alles dagegen, dass die Beförderung gar nie erlaubt gewesen sein soll.

    Vielleicht ist nur dieser Zeitungsartikel etwas ungenau und es ist vielleicht eher so, dass erst kürzlich Basel oder die BVB sich entschieden, diesen Auftrag nicht mehr zu erteilen und deshalb keine Beförderungen innerhalb der Schweiz mehr möglich sind. Oder man fand erst kürzlich heraus, dass das Auftragsverhältniss gar nie erlaubt war, etwa aus personalrechtlichen Gründen.

    Bei einer so strengen Auslegung des Kapotage-Verbotes wären ja gar keine grenzüberschreitenden ÖV-Verbindungen mehr möglich, bei denen nicht auf einer Seite der Grenze der Ein- und Ausstieg nur für den grenzüberschreitenden Verkehr erlaubt ist.

    Grundsätzlich sind gewisse Regelungen schon sinnvoll. Sonst könnte mal ja jemand auf die Idee kommen, dass es z.B. günstiger wäre, den 38er ausschliesslich mit SBG-Kursen zu führen; da hätte das CH-Personal wohl keine Freude. Gut wäre einfach, wenn die Bilanz aller Linien und Kurse innerhalb der Region einigermassen ausgeglichen ist, was zwischen BVB und SWEG und BVB und SBG ungefähr der Fall sein dürfte, während der grenzüberschreitende Verkehr nach Frankreich ausschliesslich durch französische Betriebe erfolgt.

    Einmal editiert, zuletzt von Baragge (11. Juni 2014 um 19:26)

  • Die Linien 603 und 604 verkehren zwischen Schifflände und der Grenze klar mit einer Schweizer Konzession, welche der BVB erteilt wurde und die wohl eben MétroCars/Distribus auf diesem Abschnitt für die BVB fährt.*

    Ich wohnte selber von 2006 bis 2013 am Voltaplatz und habe die Distribusse (schöner Plural ;) ) oft für die Fahrt vom Voltaplatz zur Schifflände und gelegentlich auch umgekehrt genutzt, mit freundlichem Hinweis beim Einsteigen und GA zeigen: "Bonjour, jusqu'à Voltaplatz". Jedoch hielt der Bus stadteinwärts meist nur, wenn Fahrgäste aus St-Louis oder Huningue am Voltaplatz ausstiegen. Ansonsten fuhr er auch schon mal ohne Halt durch.

    * = ob auch für die Linien 7 Schifflände - Kembs und 8 Bachgraben - Bartenheim mittlerweile Konzessionen vorliegen, weiss ich nicht. Vor einigen Jahren wurden diese nur in Eigenregie von Distribus betrieben und waren daher in Basel auch nirgendwo offiziell angeschrieben.

  • Auch wenn der Thread schon alt ist, könnte das Thema bei der Eröffnung des 3ers nach St. Louis wieder zum Thema werden. Oder soll dann auf Franzosenboden nur gelten, Ein oder Aussteigen darf nur, wer über die Grenze fährt/gefahren ist?

  • Kürzlich gab irgendwo einen Artikel, in welcher diese Problematik erwähnt wurde. Kann ihn aber nicht mehr finden. Der Grundtenor war, dass das Problem bekannt ist, noch nicht angegangen wurde, dass man aber zuversichtlich ist, eine Lösung zu finden.

    Einige Spekulationen:

    Das Grundproblem beim 603 und 604 (und 607 und 608?) ist ja wohl vor allem die unterschiedliche Preissystematik zwischen Distribus/Métro-Cars und TNW. Beim Distribus gilt ja, soviel ich weiss, ein Einheitstarif von (sehr günstigen) EUR 1.30, inkl. der Strecke zur Schifflände, sprich sie ordnen sich auf dem schweizer Abschnitt nicht dem TNW unter. Wenn der innerschweizerische Verkehr (wie früher?) zum TNW-Tarif erlaubt wäre, gäbe es die kuriose Situation, dass es günstiger wäre, mit dem selben Bus von der Schifflände nach St-Louis als an den Voltaplatz zu fahren. Wenn dann ein Schlaumeier ein Billet nach Saint-Louis löst und doch am Voltaplatz aussteigt, müsste der Chauffeur ihn mit Gewalt zurückhalten. Dass Konzessionen oder Kapotage ein wirkliches Problem sind, kann ich mir kaum vorstellen, da ansonsten ja überhaupt keine grenzüberschreitenden Linien (mit Erlaubnis zu nationaler Nutzung auf beiden Seiten) möglich wären.

    Allerdings gibt es ja auf französischer Seite keinen wirklichen Tarifverbund. SNCF und Distribus und Kunégel usw. legen die Preise wohl getrennt fest, mit Ausnahme der gegenseitigen grenzüberschreitenden Tarife (über Schifflände hinaus) zum ca. 2-Zonen-Tarif von/nach der Zone 10, die vor langer Zeit mit dem TNW festgelegt wurden. Also wäre die BVB einfach ein weiteres Unternehmen, dass in einem Gebiet ohne Tarifverbund den eigenen Tarif festlegt.

    Dass man mit dem 3er wie mit dem 604 für EUR 1.30 in die Innerstadt reisen kann, wird von französischer Seite wohl kaum erwartet. Also könnte es wohl realistisch sein, dass für grenzüberschreitende Fahrten der übliche ca-2-Zonen-Tarif gilt (mit welchem die ganze TNW-Zone 10 und Distribus befahren werden kann). Interessanter wird wohl, wie der innerfranzösische Tarif aussieht. Entweder die BVB-Strecke wird tariflich im französischen Teil in das Distribus-Netz integriert, so dass dann auch die EUR 1.30 gelten (mit entsprechend hoher Beteiligung der Gemeinden) oder es wird ein anderer, nur auf der BVB-Strecke gültiger Tarif verhandelt.

    Wäre auf jeden Fall schön, wenn die 3er-Verlängerung dazu führen würde, dass die mittlerweile sehr komplexen historisch gewachsenen grenzüberschreitenden Tarif-Regelungen vereinfacht würden.

    Einmal editiert, zuletzt von Baragge (14. Dezember 2015 um 22:25)

  • Am einfachsten wäre es, man würde die ganze Tramstrecke auf französischem Boden zur Zone 10 erklären. Dann wäre sie für die Elsässer noch bezahlbar und würde auch benutzt. Es wäre ein Kompromiss zwischen den billigen Distribustarifen und dem 2-Zonen-Tarif tnw.

  • Man darf allgemein davon ausgehen, dass auch bei dieser Auslandserweiterung eine analoge Lösung wie in Weil angestrebt wird, umsomehr ja Bund und Kanton die Tramverlängerung wesentlich mitfinanzieren. Alles andere wäre in der Tat ein Fall für "Seldwyla" ...! Inwiewit diese Verhandlungen bereits so weit Fortgeschritten sind, war zumindest bisher nirgends zu lesen (bzw. wurde nicht so offen darüber kommuniziert).