aus der BaZ vom 14.10.11. Ohne Kommentar.
Die besondere
Spezies Trämler
Von Raphael Suter
Ich fahre fast täglich mit dem Tram
oder dem Bus. Das öffentliche Verkehrsnetz
in der Region funktioniert in
der Regel gut. Eigentlich könnte ich mit
den Basler Verkehrsbetrieben (BVB)
zufrieden sein – wenn da nicht die
Chauffeusen und Chauffeure wären.
Sie sind offensichtlich eine ganz
besondere Spezies Mensch. Bei den
Männern stechen Bauchansatz,
Pferdeschwanz oder zumindest schulterlange
Haarpracht, Ohrenringe und
Spiegelbrille ins Auge. Die Frauen
haben meist eine kecke Kurzhaarfrisur,
die mit rötlichen Strähnchen
aufgepeppt ist, und auch bei ihnen fehlt
die obligate Spiegelbrille nicht.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Doch der
typische BVB-Trämler und sein
weibliches Pendant prägen das Bild
dieses Unternehmens ebenso wie der
grüne Anstrich der Wagen und Busse.
Sehr dynamisch und urban ist dieses
Image nicht.
Erschrecken als Sport
Das Aussehen könnte mir eigentlich
egal sein, doch das Verhalten dieser
Gruppe ärgert mich tagtäglich. Ein
Beispiel: Wenn ich vorne ins Tram
einsteigen will, steht da schon ein
schwatzender BVBler, an dem ich mich
vorbeizwängen muss. Er unterhält sich
offensichtlich blendend mit dem
Tramführer, doch wenn dieser von
einem gewöhnlichen Fahrgast wegen
einer Information angesprochen wird,
bleibt das Fenster zum Führerstand
geschlossen. Dann heisst es, es ist
verboten, mit dem Fahrer zu sprechen.
Einen echten Sport machen sich viele
Trämler auch aus dem schrillen Läuten.
Es muss ein wunderschönes Gefühl
sein, einen Münchner oder Römer, der
sich ganz offensichtlich in der Stadt
nicht zurechtfindet, so richtig zu
erschrecken oder eine ältere Dame, die
schon gestresst genug ist, weil sie
mitten auf der Kreuzung steht.
Auch Fussgänger, Frauen mit Kinderwagen
und Menschen am Stock retten
sich am besten mit einem Sprung über
den Streifen – wenn ihnen ihr Leben
lieb ist. Eher beschleunigt ein Tram, als
dass es seine Geschwindigkeit vor dem
Fussgängerstreifen mindert.
Unort Tramhaltestelle
Die BVB verstehen sich nicht als
kundenfreundliches Unternehmen,
sondern als Staatsbetrieb, der bloss
seinen Leistungsauftrag erfüllen muss.
Wie unsensibel die BVB sind, zeigt sich
derzeit eindrücklich an den Haltestellen
rund um die Messe.
Sicher, es sind Provisorien, aber sie
dauern nun schon Monate und werden
weitere Monate andauern.
Mit Fässern und losen Kabeln markieren
sie scheinbar ein Niemandsland –
doch es wäre eigentlich der wichtigste
Messeplatz der Schweiz. Die
elektronische Anzeigetafel vor dem
Swissôtel blieb ein halbes Jahr lang
abgehängt, funktionierte kurze Zeit
und fehlt jetzt wieder. Die BVB störts
nicht. Es wäre ja nur ein Dienst
am Kunden. raphael.suter@baz.ch