BaZ vom 10. Februar 2011, S. 26
Wo sich Trambenutzer unsicher fühlen
Patrick Künzle
All jene Orte, wo die Fahrbahn der Autos nicht klar von der Tramhaltestelle getrennt ist, empfinden die Benutzer des öffentlichen Verkehrs als gefährlich. Dies hat eine Leserumfrage der BaZ ergeben.
Es ist ein Thema, das den Menschen unter den Nägeln brennt. Dies belegen die zahlreichen Zuschriften, welche die BaZ erhalten hat als Reaktion auf ihre Umfrage: «Welches sind die gefährlichsten Tram- und Bushaltestellen?»
Ein Muster zieht sich durch die Antworten. Als besonders gefährlich werden die sogenannten Lichtinseln empfunden. Dabei handelt es sich um Tramhaltestellen, bei denen die Gäste auf dem Trottoir warten, bis das Tramstill steht. Anschliessend müssen sie die Strasse überqueren, um ins Trameinzusteigen. Vor diesen Haltestellen befindet sich ein Lichtsignal, das auf Rot geschaltet wird, sobald sich ein Tramder Haltestelle nähert. Das Problem hierbei: Gemäss Beobachtung der BaZ-Leser übersehen Auto- und Velofahrer ab und zu das Lichtsignal.
Signalisation fehlt. Der VCS beider Basel, der sich an der Umfrage beteiligt hat, hält Lichtinseln sogar für «grundsätzlich gefährlich». Die Sicherheit der Tramgäste hänge einzig davon ab, ob das Rotlicht vom rollenden Verkehr respektiert werde. Dies sei ungenügend, schreibt VCS-Geschäftsführerin Stephanie Fuchs. Besonders stossend sei in Basel, dass bei gewissen Lichtinseln sogar darauf verzichtet werde, sie auf der Strasse mit einer gelben Zickzacklinie zu markieren. «Dies ist nicht nachvollziehbar.» Dagmar Jenny, Sprecherin der Basler Verkehrsbetriebe, hat jedoch im Januar in der BaZ versprochen, dass künftig überall eine solche Signalisation angebracht werde.
Kritik an den Lichtinseln äussert auch Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter des Mieterverbandes und BVB-Wagenführer. Er bezeichnet sich selber als «Verkehrspolitiker im Nebenamt» und führt Listen, welche Haltestellen in der Region besonders gefährlich seien. Seine Beobachtungen würden zeigen, dass Fahrgäste an Lichtinsel-Haltestellen ungeschützt seien. «Ich bin der Meinung, diese sind daher dringlich zu Kap-Haltestellen umzufunktionieren.» Zu Haltestellen also, bei denen das Tramdirekt vom Trottoir aus betreten werden kann.
Ein weiteres Muster, das bei der BaZ-Umfrage ins Auge sticht: Als gefährlich empfunden werden Haltestellen, die zwar als Traminsel angelegt, aber sehr schmal konzipiert sind. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Haltestelle Bankverein in Richtung Aeschenplatz. Dort weichen die Trambenutzer zwangsweise immer wieder auf die Strasse aus. Autofahrer wagen sich meist nur im Schritttempo durch die Aeschenvorstadt, weil sie jederzeit mit Fussgängern auf der Fahrbahn rechnen müssen.
Nicht altersgerecht. Stark mit dem Thema Tramhaltestellen beschäftigen sich auch die Grauen Panther Nordwestschweiz. Für Vorstandsmitglied Jean Pierrehumbert ist klar: Mehrere Tramhaltestellen sind nicht altersgerecht. «Es handelt sich primär um Haltestellen in Krümmungen und damit verbundenen Problemen beim Ein- und Aussteigen.» Er nennt unter anderem die Endschlaufe des Trams2 am Kronenplatz in Binningen, die Wendeschlaufe an der Schifflände und die Traminseln am Aeschenplatz (mit Ausnahme der neu gestalteten Haltestelle Richtung Bahnhof SBB).
Dass dieses Problem den Basler Behörden bekannt ist, zeigt das Beispiel der Haltestelle Pfaffenloh der Tramlinie 6. Sie steht derzeit in einer Kurve und soll nun im Rahmen der Gesamtsanierung von Riehenstrasse und Äusserer Baselstrasse rund 40 Meter Richtung Riehen Dorf verschoben werden. Die aktuelle Situation verstösst gegen das Behinderten-Gleichstellungsgesetz, weil der Abstand zwischen Perron und Tramtüre zu gross ist. Er darf fünf Zentimeter betragen, derzeit sind es dort zehn bis 15 Zentimeter. Marc Keller, Sprecher des Bau- und Verkehrsdepartements, sagt denn auch: «Die Anliegen der Grauen Panther sind berechtigt.» Die Haltestellen müssten bis 2023 behindertengerecht ausgebildet sein. «Das Amt für Mobilität erarbeitet dafür derzeit die Grundlagen, die dann vor den Grossen Rat kommen.»
Am sichersten, dies hat die Umfrage ebenfalls ergeben, fühlen sich die BaZ-Leser auf Haltestellen, die über breite Traminseln verfügen, den rollenden Verkehr hinter sich stauen und an Kap-Haltestellen.