aus der heutigen BaZ
Tram- und Busfahren wird teurer
Michael Rockenbach
Der Bundesrat will, dass die Passagiere mehr für den öffentlichen Verkehr zahlen. Das hat nicht nur auf die nationalen Bahnlinien Auswirkungen, sondern auch im Regionalverkehr. Sie sind erheblich.
In Bern sind die Weichen vor Kurzem gestellt worden. Nun ist das Ziel klar: Mit einer schrittweisen Erhöhung der Billett- und Abo-Preise um zehn Prozent will der Bundesrat den Ausbau des ÖV-Netzes in den nächsten Jahren finanzieren. Landesweit sorgt diese Idee für grosse Diskussionen.
Trotz Protesten bezweifelt Andreas Büttiker, Leiter des Tarifverbundes Nordwestschweiz (TNW), dass sich der angekündigte Preisschub noch verhindern lässt. Ihm zufolge müssen die Passagiere bald überall mehr zahlen, im Agglomerations- und Regionalverkehr ebenso wie auf dem Netz der SBB: «Es ist sehr wahrscheinlich, dass der TNW die Preise in den nächsten Jahren analog zur nationalen Entwicklung überdurchschnittlich erhöhen wird.» Die zunehmenden Kosten für den ÖV führt Büttiker auf die folgenden drei Ursachen zurück:
> Die Kunden verlangen ein immer besseres Angebot. Mehr Buslinien, einen dichteren Takt, neue Fahrzeuge, neue Informationssysteme. Büttiker spricht von einer «Anspruchsinflation». Die Verkehrsbetriebe reagieren darauf, indem sie den Service laufend verbessern, was entsprechend kostet.
> Der Bund will die Trasseepreise um 300 Millionen Franken pro Jahr erhöhen, um die gestiegenen Infrastrukturkosten zu finanzieren. Teurer wird damit auch die Regio-S-Bahn. Einzelne Kantone wie etwa Baselland haben aber schon jetzt Finanzprobleme, so dass sie die zusätzlichen Kosten ihrerseits wohl auf die Passagiere abwälzen werden.
> Die vom Bundesrat propagierte Idee, Grossprojekte mithilfe einer Erhöhung der Ticketpreise zu finanzieren, könnte sich auch in der Region durchsetzen. Viel Geld wird hier vor allem für das Milliardenprojekt des Herzstücks benötigt: die unterirdische S-Bahn-Linie quer durch Basel.
Alternativen. Der Kostenschub wird für die Passagiere unangenehm sein – und für den Tarifverbund weitreichende Folgen haben. Denn nun steht plötzlich auch das populärste TNW-Angebot zur Disposition: das Umweltschutz-Abonnement. Ein Grund für seinen Erfolg ist der vergleichsweise tiefe Preis, ein anderer das einfache Prinzip, dass die Monats- und Jahresabonnemente für alle gleich viel kosten und in der ganzen Nordwestschweiz gültig sind. Wer täglich von Frick, Langenbruck oder Roggenburg nach Basel pendelt, zahlt gleich viel wie jene, die nur in der Stadt unterwegs sind. Es ist ein solidarisches Modell, das vor allem den Vielfahrern aus den abgelegenen Dörfern entgegenkommt, ein Modell auch, das in der Stadt nach einer deutlichen Preissteigerung kaum mehr auf eine breite Akzeptanz stossen würde.
Darum prüft der TNW nun auch Alternativen, wie Büttiker auf Anfrage der BaZ bestätigt. Der Beschluss über die zukünftige Tarifpolitik werde Ende Jahr in Absprache mit den Regierungen der beteiligten Kantone an der TNW-Vollversammlung gefällt. Mehr will Büttiker noch nicht verraten. Fest steht, das der Entscheid schwerfallen wird. Denn kein anderer Verbund ist so erfolgreich wie der TNW mit seinem U-Abo.
> Tageskommentar Seite 2
Neuer Rekord bei den Umweltschutzabonnementen
Wachstum. Der Tarifverbund Nordwestschweiz ist grundsätzlich frei, die Tarife selber festzulegen. Die Ausnahme bilden Angebote wie das Generalabonnement und das Halbtax-Abo, die in der ganzen Schweiz gültig sind. Inwieweit der öffentliche Verkehr über die Tarife beziehungsweise über staatliche Beiträge (Leistungsauftrag) finanziert wird, ist eine politische Frage. Laut Andreas Büttiker, Leiter des Tarifverbundes Nordwestschweiz (TNW), werden in der Nordwestschweiz heute rund 55 Prozent der Kosten mit den Einnahmen aus dem Billett- und Aboverkauf gedeckt. Gemäss Vereinbarung mit den Kantonen hat der TNW die Aufgabe, den Kostendeckungsgrad aller beteiligten Transportunternehmen weiter zu steigern und gleichzeitig noch mehr Reisende für den ÖV zu gewinnen. Eine schwierige Aufgabe. «Der TNW hat bereits heute die höchste Abodichte in der gesamten Schweiz und entsprechend begrenzte Wachstumsmöglichkeiten», sagt Büttiker. Im TNW-Gebiet mit seinen rund 560 000 Einwohnern haben 175 000 ÖV-Benutzer ein Umweltschutzabonnement und 25 000 ein Generalabonnement – ein neuer Rekord. Mit Werbung und gezielter Kundeninformation werde der TNW aber weiter versuchen, mehr Passagiere zu gewinnen, versichert Büttiker. Heute sind die U-Abos für Junioren ab 45 Franken zu erhalten, für Senioren ab 55 Franken und für Erwachsene ab 70 Franken pro Monat. Die nächste Tariferhöhung wird Büttiker zufolge voraussichtlich Ende 2012 durchgeführt, solange sollen die Tarife noch unverändert bleiben.rock