Nachtzuschlag abschaffen? / Nachtzuschlag wieder einführen?

  • Was ist denn dieser Unterschied, der deiner Meinung nach einen Nachtzuschlag rechtfertigt?

    Ich versuche es mal zu erläutern.
    Zuerst mal mit etwas Ironie:
    Ist dein Klempner gleich teuer, wenn er den Rohrleitungsbruch mitten in der Nacht, oder zu "normalen" Arbeitszeit repariert?
    Gut, der Vergleich hinkt, der Klempner kommt nicht geplant, aber alle mir bekannten Dienstleistungen sind in Rand-resp. Nachtstunden teurer...

    Das der Personalaufwand in den Nachtstunden auch grösser ist, brauch ich nicht weiter zu erläutern.

    Jetzt noch etwas technisches:
    Einen 8h Betrieb - einfach (kann jeder)
    Einen 16h Betrieb - schon anspruchsvoller
    Einen 20h Betrieb - nochmals komplexer
    Einen 24h Betrieb - jetzt wird's wuselig

    Je komplexer ein Betrieb zu planen ist, desto grösser auch der Aufwand (Kosten). Kommt dazu, dass mit dem Arbeitszeitgesetz ich einen MA in der Nacht nicht so lange, wie am Tag einsetzen darf und deswegen auch mehr MA benötige was wiederum einen höheren Aufwand bedeutet.

    Noch eine kleine Anmerkung am Rande, welche aber im Moment noch keine grosse Relevanz hat:
    Auch im Bereich Unterhalt sollte die Nachtkurse nicht unterschätzt werden. Zur Zeit gibt es das Nachtnetzt nur am Wochenende, das ergibt noch keine grossen Probleme.
    Schauen wir aber in die Zukunft und sollte das Nachtnetzt auch unter die Woche ausgedehnt werden, fangen die Probleme an. Man denke dabei nur an den Unterhalt der Gleise und Fahrleitung.... wann soll das gemacht werden, wenn es keine Betriebspausen gibt?

    Versteht mich richtig, ich bin grundsätzlich auch der Meinung, dass das Nachtnetz ohne Zuschlag angeboten werden soll. Wie im TNW allgemein sollte da auch eine "solidarische" Quersubventionierung stattfinden.
    Ich hab nur etwas dagegen, wenn diese Zuschlag als "Willkürlich", "nicht angebracht " oder "Nicht nachvollziehbar" abgestempelt wird. Es sind keine "normalen" Kurse wie unter Tags... ;)

  • Es ist letztlich schlicht und ergreifend eine politische Entscheidung, ob die Besteller das Angebot subventionieren wollen oder nicht. Würde ich das Nachtnetz selber regelmässig nutzen, würde ich mich von der Politik aber extrem "verseckelt" und verraten vorkommen, wenn ich plötzlich wieder für solche Fahrten einen Zuschlag entrichten müsste.

    In vielen ostdeutschen Klein- und Mittelstädten wird übrigens ganzjährig nachts ein Minimalangebot an zuschlagsfreien Nachtfahrten bei Tram und Bus angeboten. Und diese Kommunen haben's finanziell wesentlich schwerer als unsere reiche Nordwestschweiz. So als argumentativer Einwurf... ;)

  • Da gebe ich dir vollkommen recht. Es kann nicht sein, dass man den Zuschlag hat, dann schafft man ihn ab um ihn dann wieder einzuführen. Das geht nicht.

    Es ist aber eben auch politisch zu entscheiden, ob ÖV in der Nacht auch zum Service publike gehören soll oder nicht. Ich für meinen Teil bin da noch unschlüssig. Mann bedenke, dass gewisse Industrien rund um die Uhr arbeiten und deshalb auch dessen MA einen Nutzen davon hätten, aber grundsätzlich sind wir noch nicht soweit "veramerikanisiert", das unsere Stadt ein 24h Betrieb ist.
    Darum ist die Frage wie weit ein allgemeines oder nur ein individuelles Bedürfnis in der Bevölkerung nach einem Nachtnetz vorhanden ist.

  • Um mein ganz persönliches Beispiel zu bringen: Ich arbeite unregelmässig und muss für gewisse Dienste auch auswärts in einem Personalzimmer der guten Bundesbahn in Bern nächtigen. Gewisse Spätdienste lassen sich aber zumindest am Wochenende noch machen, da dann auch um 1 Uhr nachts noch Fernverkehrsverbindungen heim nach Basel existieren. Bei mir daheim fährt dann auch noch das TNW-Nachtnetz vorbei, das mir hier allerdings nichts bringt, da ich in der halben Stunde Wartezeit / Fussmarsch zum Theater den Weg zu meiner Wohnung auch fussläufig zurück gelegt habe.

    Ich nutze also gelegentlich ein "Nachtangebot", dieses bietet mir die SBB (ohne Mitwirkung von Kantonen, Gemeinden, etc.) zuschlagsfrei am Wochenende an. Das TNW-Nachtnetz würde ich ebenfalls nutzen, tue dies aber aufgrund der ungenügenden Anschlusssituation von den letzten FV-Zügen in Basel SBB her nicht.

    Meinetwegen braucht es zumindest unter der Woche (noch?) keinen nächtlichen ÖV, obwohl ich selber davon profitieren würde. Als aktiver, umweltfreundlicher Führerschein-Nicht-Inhaber würde ich mich viel mehr über passable Nächtigungsmöglichkeiten in der Nähe solcher Arbeitsstellen freuen, wie mir dies bei meiner aktuellen Stelle vergönnt ist. (noch lieber wäre es mir freilich, diese Stelle würde nach Basel versetzt - das kommt aber nie und nimmer durch :D )

    Das schliesst aber an der Diskussion um das Wochenend-Nachtangebot an. Da sehe ich Besteller klar in der Pflicht, ein attraktives Nachtangebot für die überwiegend doch eher junge Zielgruppe anzubieten, die dem ÖV durch solche Angebote hoffentlich auch im reiferen Alter treu bleibt.

  • Ich versuche es mal zu erläutern.
    Zuerst mal mit etwas Ironie:
    Ist dein Klempner gleich teuer, wenn er den Rohrleitungsbruch mitten in der Nacht, oder zu "normalen" Arbeitszeit repariert?
    Gut, der Vergleich hinkt, der Klempner kommt nicht geplant, aber alle mir bekannten Dienstleistungen sind in Rand-resp. Nachtstunden teurer...

    Wenn man der Argumentation folgt, müsste man aber schon mindestens ab 20:00h und am Samstag und Sonntag generell einen Zuschlag einfordern.
    Der weiteren müsstest du Abends im Kino oder im Restaurant einen Abenzuschlag bezahlen, also mehr als wenn du diese Leitung von 08-18h an Mo-Fr konsumieren willst... ;)

  • Zitat

    Die Jungen sollen gefälligst ihr Samstagabendbier in der Dorfbeiz trinken und um Mitternacht ab in's Bett! Die sollen nicht so blöd tun, sowas wie ein Nachtnetz gab's auch nicht, als wir noch jung waren... Und überhaupt: Was für ein Unding, dass der Staat den jungen Leuten auch noch den Ausgang in diesem elenden Sündenpfuhl namens Basel subventioniert! Da kommen sie doch nur auf dumme Gedanken!

    Etwa so stell ich mir die Gedanken jener Landräte vor, die für die Wiedereinführung des Nachtzuschlags votiert haben.

  • Warum keinen Hinterlandzuschlag auf schlecht ausgelasteten Linien? Die leben dort oben schliesslich freiwillig und das Haus/die Miete ist viel günstiger als im Zentrum. Ich zahle da ich zentral wohne eh schon viel mehr als die. Dann sollen die dort oben wenigstens einen Zuschlag auf ihren Bus zahlen. Trifft ja nicht mich sondern die anderen. Linien in sehr ländlichen Linien sind ein Zusatzangebot zum Standardangebot in den Tälern.


    So unrealistisch ist das leider gar nicht. Die "Lösung" mit "Bürgerbussen" (bei denen die Standard-ÖV-Tarife, Halbtax, GA und U-Abo wohl nicht gültig sind), entsprechen letztendlich genau dem. Ebenso Rufbusse, die einen Zuschlag verlangen.

    Einmal editiert, zuletzt von Baragge (22. März 2016 um 18:31)

  • Der damalige BVB-VR ist nach intensivsten Diskussionen klar dafür eingestanden, dass der Nachtzuschlag abgeschafft wird. Es gibt viele Argumente dafür und dagegen, und sie wurden sorgfältig abgewogen. Es ging nicht nur um direkte Kosten. Es wundert mich allerdings nicht wirklich, dass sowohl im klammen Baselbiet als auch hier im Forum fast immer nur die finanzielle Seite diskutiert wird. Einige Gedanken:

    • Vier oder fünf Personen zahlen CHF 20.00 bzw. 25.00 Nachtzuschlag. Eine dieser Personen hat sicherlich ein Auto zur Verfügung. Was macht die Gruppe? Ja, sie nimmt das Auto, weil nun billiger und ja auch "flexibler". Ohne hier den MIV-Mehrverkehr politisch bemühen zu wollen - dieser liesse sich wohl verkraften: Doch wer die heutigen Ausgangsriten kennt, weiss, dass die Heimfahrt ins Baselbiet bekifft oder angetrunken nicht ganz ungefährlich ist - auch für unbeteiligte VerkehrsteilnehmerInnen nicht. Auch nur zwei oder drei zusätzliche Unfälle jährlich mit Personenschaden sind bereits teurer als der Betrag, den eine kurzsichtige Politik mit der Wiedereinführung des Nachtzuschlages einsparen könnte! Ganz abgesehen vom Leid, das allen Betroffenen angetan wird.
    • Aus der Schule geplaudert: Bei Kontrollen zeigte sich damals, dass ein beträchtlicher Teil der Passagiere den Nachtzuschlag gar nicht zahlte, einige wenige wohl aus Unwissenheit, der Rest aus Protest oder was immer. Ein U-Abo hatten hingegen die meisten in der Tasche und waren damit keine Schwarzfahrer im eigentlichen Sinn. Die Kontrollen auf den Nachtkursen waren - gerade wegen der nicht entrichteten Nachtzuschläge - nicht ungefährlich und konnten nur mit einem grösserem Aufgebot durchgeführt werden. Sicher keine Traumschicht für die Kontrolleure, bei mässigem Ertrag!
    • Das Verhältnis zwischen den zusätzlichen Einnahmen zu den zusätzlichen Ausgaben stimmte überhaupt nicht: Der zusätzlich nötige "Apparat" (spezielles Ticket, Verrechnung innerhalb des TNW, zusätzliche Kontrollen usw.) war deutlich teurer als die zusätzlich erzielten Einnahmen. Zu Deutsch: Der Nachtzuschlag war ein klares Verlustgeschäft, wenn man alle Faktoren berücksichtigte.

    Mit der Wiedereinführung des Nachtzuschlages würden genau die gleichen Argumente wieder zutreffen. Die Wiedereinführung würde mehr kosten als einbringen, auch dann, wenn man nur die Kosten für den Verkehr und nicht die "Kollateralschäden" mit einberechnet. Es geht hier doch - Pardon für die Heftigkeit - nur wieder darum, auf dem Buckel derjenigen zu sparen, die sich am wenigsten wehren können. Während gerade von bürgerlicher Seite bei jeder Hundsverlochete betont wird, wie wichtig die Jugend als die Zukunft unserer Nation sei, versuchen die gleichen Kreise, auf dem Buckel eben dieser Jugend zu sparen. Das ist heuchlerisch und unfair, denn die Jugendlichen können am wenigsten dafür, dass ihnen die vorangehende Generation einen finanziell maroden Kanton übergeben will.

  • Dieser Kanton war mal in bestem Zustand. Doch dann kamen die rechtsbürgerlichen und fuhren ihn an die Wand. Aus teils ideologischen Gründen, teils aus Eigeninteressen.

    Die Steuern wurden gesenkt, um Leute vor allem aus BS anzulocken. Dazu kamen überrissene Strassenprojekte, unter dem unguten Einfluss eines gewissen Hans Rudolf Gysin aus Pratteln (z.B. Chienbergtunnel, A22). Diese Projekte kosteten immer viel mehr als geplant.

    Und dann war (ist!) da noch die wohl unfähigste Regierung der ganzen Schweiz. Die Rettung war nahe, man hätte mit BS fusionieren können. Doch nein, da kam wieder das Eigeninteresse gewisser Herrschaften zuvor. Man fürchtete um seine gut dotierten Pöstchen und auch die Konkurrenz.

    Alles auf dem Buckel der Bevölkerung. Dann kam die Elba-Abstimmung. Ein Zeichen an der Wand, wenn man so will. Aber Sabine P aus P hat das Zeichen nicht erkannt oder nicht erkennen wollen. Sie sitzt ihre Zeit bis zur Frühpensionierung auf Staatskosten ab. Gute Nacht im Baselbiet.

  • Quelle: 20 Minuten, 01.05.2016

  • Tarifverbund Nordwestschweiz - Weiterhin kein Nachtzuschlag in Tram, Bus und Zug

    Eine vom Kanton Baselland aus Spargründen angestrebte Wiedereinführung des Nachtzuschlags ist gescheitert: Der Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW) hat sie abgelehnt.

    Gemäss TNW stehe das mögliche Einnahmepotential von insgesamt etwa 600'000 Franken in keinem angemessenen Verhältnis zum Aufwand, hält die Baselbieter Regierung in einer am Mittwoch veröffentlichten Vorlage fest. Entstehen würden einmalige Kosten für die Wiedereinführung sowie hohe Kosten für die Durchsetzung.

    Neben Missbrauch und hoher Gewaltbereitschaft bei Kontrollen sei zudem in den vergangenen Jahren ein geändertes Ausgehverhalten beobachtet worden. Dieses erleichtere das Ausweichen auf Alternativen wie etwa günstige private Fahrdienstleister. Die Regierung beantragt dem Landrat das entsprechendes Postulat abzuschreiben.

    Das Parlament hatte den Vorstoss aus FDP-Kreisen 2016 der Regierung überwiesen. Mit dem Hintergrund des Spardrucks sei ein Nachtzuschlag «absolut» angemessen. Die Regierung unterstützte das Anliegen, verwies jedoch darauf, dass es für die Wiedereinführung die Zustimmung aller im TNW vertretenen Kantone und Transportunternehmen brauche.

    Quelle: ernb/sda, Regionaljournal Basel 17:30 Uhr