BVB stellen Kadermitglied per sofort frei

  • BVB stellen Kadermitglied per sofort frei

    BASEL. HELMUT IFFLÄNDER SOLL ANGEDACHTE SPARMASSNAHMEN AUSGEPLAUDERT HABEN

    Tagelang waren die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) Anfang Juli wegen möglichen Sparmassnahmen in den Medien - jetzt ziehen die BVB Konsequenzen. Sie beseitigen die in der Geschäftsleitung vermutete undichte Stelle.

    BVB-Direktor Urs Hanselmann wirkte sehr entschlossen. «Wir müssen solche Lecks künftig verhindern.» Diese undichte Stelle war schuld, dass Hanselmann Anfang Juli der baz in einem Interview überhaupt Rede und Antwort stehen musste. Im engsten Kaderkreis diskutierte Sparmassnahmen gerieten via Gewerkschaft VPOD an die Öffentlichkeit. Angestellte der BVB waren entsetzt, Hanselmann beruhigte. «Denken muss erlaubt sein», rechtfertigte er die möglichen Sparmassnahmen. Und ja, die BVB müssten sparen. Zwar nicht die vom VPOD kolportierten fünf Millionen, aber immerhin einen «bedeutenden Betrag».

    GRÖSSTE ABTEILUNG. Hanselmann war gar nicht erfreut, als die Ideen des BVB-Kaders an die Öffentlichkeit gerieten. Jetzt zieht der Verwaltungsrat der BVB die Konsequenzen. In einem sehr kurz gehaltenen Communiqué wurde die sofortige Freistellung von Helmut Iffländer (47), Leiter Betrieb und Netz, mitgeteilt. Iffländer war 16 Jahre lang der Chef der grössten BVB-Abteilung; unter ihm arbeiteten rund 500 Tram- und Buschauffeure. «Ich will weder bestätigen noch dementieren, dass die Freistellung mit den Indiskretionen zu tun hat», kommentiert Christian Brückner (64), Präsident des Verwaltungsrats, den Entscheid. Brückner informierte sehr zurückhaltend, einzig ein finanzielles Delikt wollte er mit Sicherheit ausschliessen.

    Wie Recherchen der baz ergeben haben, wird Iffländer tatsächlich vorgeworfen, die undichte Stelle gewesen zu sein. Er soll sich aber nicht direkt an den VPOD gewandt, sondern die Informationen an Teile der Belegschaft weitergegeben haben. Von dort machte die Indiskretion ihren Weg zur Gewerkschaft.

    ANWALT EINGESCHALTET. Iffländer weist alle Anschuldigungen zurück. «Ich bin zutiefst betroffen und verletzt darüber, dass mich der Verwaltungsrat der BVB von meiner Tätigkeit (...) freigestellt hat. (...) Die gegen mich erhobenen Vorwürfe sind völlig unbegründet und ich werde daher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit allen rechtlichen Mitteln anfechten», teilte Iffländer schriftlich mit. Er habe seine Tätigkeit als Leiter Betrieb und Netz während mehr als 16 Jahren mit viel Freude und Engagement und mit Sicherheit zum «erheblichen Wohl» der BVB ausgeübt. Juristisch vertreten wird Iffländer vom bekannten Basler Anwalt Stefan Suter. Er wird Rekurs gegen den Entscheid des Verwaltungsrats einlegen. «Was soll das Motiv von Herrn Iffländer gewesen sein, die Informationen weiterzugeben?» Warum sich ein BVB-Kadermitglied an den VPOD wenden soll, ist Suter «schleierhaft».

    Quelle: Basler Zeitung 04.08.2006, Autor: Philipp Loser

    Neuer Ärger bei den BVB. Ohne Angabe von offiziellen Gründen wird der Chef Betrieb und Netz der BVB freigestellt. Foto Annette Boutellier

  • ...die Herren Hanselmann, Vischer, Marrer und Co. Dass es ihnen ernst ist mit der Förderung und dem Ausbau des ÖV zeigt sich darin, dass sie sich Gedanken machen, wie sie die BVB effizienter, attraktiver und kostengünstiger machen können. Etwas was jede Unternehmung macht, die erfolgreich sein will und sich am Markt behaupten muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Stephan Gassmann (4. August 2006 um 14:51)

  • Zitat

    Original von Stephan Gassmann
    ...die Herren Hanselmann, Vischer, Marrer und Co. Dass es ihnen ernst ist mit der Förderung und dem Ausbau des ÖV zeigt sich darin, dass sie sich Gedanken machen, wie sie die BVB effizienter, attraktiver und kostengünstiger machen können. Etwas was jede Unternehmung macht, die erfolgreich sein will und sich am Markt behaupten muss.

    ahja, in dem man alles einkürzt oder Chauffeure mit Fremdpersonal ersetzt, macht alles effizienter...

    Mich nimmt mal wunder, ob Sie vom Verwaltungsrat der BVB oder so sind.

    Gruss

  • ...weder noch. Aber ich hatte in der Schule das Fach "Betriebswirtschaft" und verfolge mit Interesse die Vorgehensweise zur Produktivitätssteigerung erfolgreicher Dienstleistungsunternehmen

  • tja, nur, wird weiter so gesparrt, hat dieses Unternehmen keine Produktivität mehr, denn die Kunden springen ab...

  • @ Stephan Gassmann:

    Meine Frage lautete: "Wen gibt es noch mit Herzblut?", nicht: "Wen gibt es noch mit Rechenkünsten" oder "mit Talent zur Produktivitätssteigerung". Du verwechselst Emotionen mit Zahlen. Das bestätigt nur den Sinn meiner Frage nach dem Herzblut in der Teppichetage.

  • @ Stefan Gassmann

    Seit 1999 ist das Angebot nicht wirklich attraktiver geworden: Grössere Intervalle, lärmige billige Busse, Platzangebotauf den meisten Linien vermindert (gleich geblieben ist Linie 3, eine kleine Verbesserung auf Linie 2), Einsatzkurse wieder abgeschafft...Die einzige Steigerung der Attraktivität besteht aus dem Fertigstellen der Umstellung auf Niederflur. Zugegeben, das 15-Minuten-Intervall ist viel attraktiver, als das 10-Minuten-Intervall (das hats noch gegeben, als es noch Billeteure gab), weil ich dann gar nicht mehr auf das Tram warten muss, ich geh zu Fuss und bin schneller am Ziel.
    Gränzdrämmler hat schon recht: Wer nimmt noch die Interessen der Fahrgäste wahr? Da wünscht ich mir von der BVB-Führung etwas mehr Widerstand gegen unsinnige Spardiktate der Regierung.

    Wie hier schon einmal erwähnt, ich finde die Regierung unglaubwürdig, solange sie die knappen Mittel für teure "Verschönerungen" von Plätzen und Anlagen einsetzt (Messeplatz, Rütimeyerplatz, Clarastrasse, Claramatte...), wo der Nutzen sehr gering ist und dann dort spart, wo der Schaden gross ist. Damit meine ich nicht nur den ÖV, sondern auch die Schulen und die Kultur (Pisa lässt grüssen).

  • Zitat

    Original von Stephan Gassmann
    ...die Herren Hanselmann, Vischer, Marrer und Co. Dass es ihnen ernst ist mit der Förderung und dem Ausbau des ÖV zeigt sich darin, dass sie sich Gedanken machen, wie sie die BVB effizienter, attraktiver und kostengünstiger machen können. Etwas was jede Unternehmung macht, die erfolgreich sein will und sich am Markt behaupten muss.


    ...tja und da gehen die heutigen Manager leider über Leichen. Bei der SBB und den meissten anderen Bahngesellschaften ist dies leider in Bezug auf das Personal auch nicht mehr anders.

  • Mit dem fehlenden Herzblut sehe ich auch Schwarz für die Zukunft der Oldtimer, der Oldtimerlinie und für das Trammuseum. Den all das rechnet sich halt nicht kurzfristig betriebswirtschaflich. Der Rotstift des Herrn Gassmann läst grüssen und die Schrotthändler reiben sich die Hände...

  • Herzblut rechnet sich, kalte Betriebsökonomie kann in den Ruin führen - das lehrt uns das Beispiel Vierwaldstättersee-Schifffahrt:

    Ende 1970er Jahre verlor man Passagiere. Also strichen die kühlen Manager Randkurse und wollten die Dampfschiff-Oldtimer verschrotten. Eine Gegenbewegung ("Freunde der Dampfschifffahrt") wies sie zurecht, mit prominenten Luzerner Konservativ-Liberalen und -Christlichen (gäll, Stephan G.!) an der Spitze sowie der Bevölkerung im Rücken. Der Tonfall war damals so giftig und nötig wie heute in der Basler Trolleybusdiskussion.

    Schliesslich wurden die Manager verjagt, die Dampfschiffe blieben, die Frequenzen stiegen, die 4-Waldst.-Schifffahrt ist in Werbung und Medien omnipräsent, und das Budget lässt sich trotz Schnee und hohen Dieselpreisen einhalten.

    Merke:
    Abbau / Personalschelte / griesgrämige Medienarbeit bringen weiteren Abbau - originelle Ideen / aktive Medienarbeit / Ausbau / motiviertes Personal und Herzblut bringen Aufschwung.

  • Bravo Gräzdrämmler! Du schreibst genau von dem Engagement, das ich so langsam vermisse. Jetzt sind doch die BVB mit dem neuen Organisationsgesetz viel sebständiger geworden. Ich wünsche mir, dass sie auch entsprechend als Unternehmung und nicht mehr als Verwaltungsabteilung auftreten und im Interesse der Fahrgäste und der Öffentlichkeit halt auch einmal gegen unsinnige Regierungsvorgaben opponieren. Das sollte doch mit einem Parlament, wo das Staatspersonal so stark verreten ist, noch möglich sein. Apropos: Seinerzeit ist die Vorlage (nur noch Dieselbusse) vom Parlament auch aus wirtschaftlichen Gründen zurückgewiesen worden (vorzeitiges Abstossen von 24 betriebsfähigen Bussen mit einer Restlebensdauer von 8 -15 Jahren). Unter denen, die die Vorlage ablehnten, befand sich u.a. auch ein Professor der Volkswirtschaft!

  • Die BVB hat nur das gemacht, was jede verantwortungsbewusste Unternehmensleitung regelmässig machen muss: Sie hat geprüft, wo allenfalls Kosten eingespart werden können und wo Einnahmen allenfalls erhöht werden können und die Erkenntnisse daraus in einem internen Papier festgehalten. Was den letzteren Punkt der Einnahmeerhöhung anbelangt, finde ich die Anregung von Grenzdrämmler, doch einmal darüber nachzudenken, ob der Flughafenbus - im Vergleich zu anderen Städten in Westeuropa - nicht zu billig angeboten wird, richtig.

    So wie ich das ganze verstanden habe, handelt es sich nur um ein Diskussionspapier und entschieden ist noch gar nichts! Das angebliche "Spardiktat der Regierung" ist somit kaum mehr als ein billiges Sommertheater, inszeniert durch den VPOD und eine ihm nahestehende politische Partei.

    Nachdenken ist doch wohl noch erlaubt?

    Einmal editiert, zuletzt von kurduvadi (14. August 2006 um 15:41)

  • Entschieden ist sehr wohl. 0,5 Mio. Franken müssen eingespart werden aus dem zweiten Regierungs-Sparpaket. Die Linie 2 wird eingekürzt. Ihr Intervall wird weiter ausgedünnt. Die Dieselline 33 wird abends an die Lohndrücker und Unzuverlässigfahrer verscherbelt.

    Während Verkehrsbetriebe und grün-bürgerliche Stadträte in anderen Städten Dynamik und Ausbau von Tram- und Trolleybusnetz vorantreiben, verbreiten ihre Basler Pendants Totengräberstimmung und treiben die Fahrgäste ins Auto. In einer der reichsten Städte in einem der reichsten Länder.

  • Auch in der heutigen "bz" habe ich folgende Kurznachricht gefunden (also die BaZ kann man bald wirklich aufgeben und braucht sie nicht mehr zu lesen!!):

    Einig BVB und Iffländer haben sich gefunden

    Die BVB und der von ihr freigestellte Betriebschef Helmut Iffländer haben sich geeinigt. Iffländer focht die Entlassung an. "Wir haben uns gefunden", bestätigte gestern BVB-Direktor Urs Hanselmann. Somit wurde ein eventueller Prozess abgewendet. Iffländer soll zudem bereits eine neue Stelle angetreten haben.